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Anmerkungen zum Linzer Budget 2011

  • Donnerstag, 9. Dezember 2010 @ 15:08
Linz Die Eckpunkte des Voranschlages 2011 der Stadt Linz sind ähnlich jenen der Vorjahre, allerdings durch die Krise sichtbar verschärft: Eine faktische Stagnation des Budgetvolumens mit 666,16 Millionen Euro, im Gegensatz zum Vorjahr zwar ein leichter Zuwachs bei den Ertragsanteilen, dafür aber ein Minus bei der Kommunalabgabe, eine tendenziell sinkende Investitionsrate und ein absoluter Minimalwert der Rücklagen mit 6,46 Millionen Euro, ein kräftiges Minus beim Finanzspielraum, zum Budgetausgleich notwendige Darlehensaufnahmen und damit Erhöhung der Schulden zuzüglich eine außerbudgetäre Leasing-Finanzierung von 13,05 Millionen und weiterer Anstieg der Zahlungen an das Land, vor allem durch den Sprengelbeitrag der bereits den Rekordwert von 50,0 Millionen erreicht.

Bis 2008 war Linz ein Musterknabe beim Maastricht-Budget. Seit 2009 erfolgt jetzt krisenbedingt ein Absturz bei den freien Mitteln, dem sogenannten „öffentlichen Sparen“, auf 34,73 Millionen, der sich laut mittelfristiger Finanzplanung bis 2014 in ähnlicher Höhe bewegt. Dazu muss freilich angemerkt werden, dass Sparen in privaten Haushalten etwas völlig anderes ist als die fälschlich als Sparen bezeichnete Kürzungen in öffentlichen Budgets, gleiches gilt für Schulden privater Haushalte und solchen von Gebietskörperschaften.

Banken profitieren

Beiden gemeinsam ist allerdings, dass die Banken die Nutznießer der Verschuldung der öffentlichen Haushalte sind: Wenn der Schuldenstand 2011 bereits 595,19 Millionen erreichen wird und bereits 97 Prozent der Schulden der Stadt Linz bei Banken aushaftend sind zeigt dies eine bedenkliche Abhängigkeit: „Wie kriegt die Politik das Finanzwesen in den Griff, wenn das Finanzwesen die Politik im Griff hat?“ hat der frühere Chef des AMS-Oberösterreich, Roman Obrovski, dies treffend auf den Punkt gebracht.

Und wenn von Linz und den Banken die Rede ist, muss konkret vor allem von Raiffeisen gesprochen werden. Auch wenn diese Bank nur 3,22 Prozent der städtischen Schulden bedient und damit weniger durch Darlehen, sondern auf andere Weise an der Kommunalpolitik profitiert. Allein die optische Präsenz des Giebelkreuzes und der protzige Spruch „Wir setzen Impulse für Linz“ zeigen, dass die Finanzwelt längst die Politik bestimmt. Und das gilt natürlich auch für andere Banken.

Die selbstkritischen Anklänge unter dem Schock der Lehman-Pleite im Herbst 2008 in für die Notwendigkeit einer Reform des Finanzmarktes sind längst wieder vergessen, es wird dort weitergemacht, wo man im Sommer 2008 aufgehört hat. Davon zeugt allein schon, wenn Raiffeisen sein alljährliches „Börsespiel“ veranstaltet um einem Drogendealer vergleichbar SchülerInnen und Studierende rechtzeitig an das Zocken zu gewöhnen.

In punkto Zocken kann sich freilich auch die Stadt nicht von Schuld freisprechen, wie die 1992 erfolgte Aufnahme von Schweizer Fremdwährungskrediten, die 2005 in Anleihen umgewandelt wurden, beweist. Dabei wird heuer bedingt durch den Kursanstieg des Franken und der Schwäche des Euro mit einem Verlust durch ein zur Absicherung 2007 abgeschlossenes Swap-Geschäft von 15,7 Millionen Euro gerechnet, ein Verlust der die Gewinne von 2007 (1,7), 2008 (3,6) und 2009 (0,3) mehr als auffrisst. Da von den 210 Millionen Franken bislang nur 15 Millionen zurückbezahlt sind und es zudem für das Swap-Geschäft keine Obergrenze vereinbart wurde, steht uns bis 2017 noch einiges an Ungemach ins Haus.

Die Krise ist nicht vorbei

Auch wenn Zweckoptimisten das Gegenteil behaupten: Die Krise hält an und kann sich sogar noch vertiefen, weil keine Schlussfolgerungen aus den Ursachen gezogen und keine wirksamen Maßnahmen erfolgten, sondern man nach einer Schrecksekunde voll auf Durchtauchen setzte. Daher muss auch in aller Klarheit betont werden, dass es bei den Milliardenpaketen der letzten Monate nicht um die Rettung von Griechenland, des Euro und zuletzt Irlands gegangen ist, sondern ausschließlich um die Rettung der Banken die durch ihre verfehlte Politik an diesem Debakel schuld sind, von Verantwortung aber nichts hören wollen, sondern sich durch Erpressung des Staates auf Kosten der SteuerzahlerInnen retten lassen.

Daher ist auch das Maßnahmenpaket der Bundesregierung für das Budget 2011-2014 ein falscher Ansatz, weil es auf Kürzungen bei Bildung, Sozialem, Familie, Pensionen usw. und Erhöhung von Massenbelastungen setzt. Das Geld für ein geordnetes Budget wäre im Übermaß vorhanden, was fehlt ist der politische Wille, weil Regierung und Parlament vor dem kleinen Klüngel von Kapital und Vermögen in die Knie geht.

Das Geld wäre da

Würde das mit 210 Milliarden Euro bezifferte Vermögen der 68.900 MillionärInnen mit nur einem Prozent Vermögenssteuer belastet wären das zwei Milliarden für das Budget und das würde gewiss keinen von diesen umbringen, im Gegenteil wären auch zwei oder drei Prozent zumutbar. Gleiches gilt für die 100 Milliarden steuerschonend in den 3.460 Privatstiftungen geparkten Vermögen.

Finanzstadtrat Mayr hat dankenswerterweise aufgelistet, dass die Raiffeisen-Landesbanken von 2006 bis 2008 1,9 Milliarden Euro Gewinn erzielten, dafür aber nur 19 Millionen Steuer zahlten, also nur ein Prozent statt der gesetzlich vorgesehenen 25 Prozent und den Staat somit um 456 Mio. „geschossen“ haben.

Laut Arbeiterkammer zahlen die größten Kapitalgesellschaften statt 25 im Durchschnitt nur 17 Prozent, die Banken gar nur sieben Prozent Körperschaftssteuer. Nun gaben die drei größten Banken Österreichs, nämlich das Raiffeisen, Erste und Bank Austria bekannt, dass sie für heuer jeweils wieder rund eine Milliarde Gewinn erwarten. Gleichzeitig deutet alles darauf hin, dass die Bankenabgabe auf die Kunden abgewälzt wird. Es wäre demnach höchste Zeit, die Schlupflöcher bei der Profitsteuer wie Gruppenbesteuerung ersatzlos gestrichen werden.

Falsche Prioritäten

Das Budget ist bekanntlich in Zahlen gegossene Politik. In diesem Sinne sollte es auch auf seine jeweiligen Schlagseiten abgeklopft werden. Stadtrat Mayr erklärte in einem „Tips“-Interview der „Bund finanziert die Autobahnen, also soll auch der Bund entscheiden“. Das wäre klar gegen jede Mitfinanzierung von Stadt und Land für den Westring zu interpretieren.

Nun haben aber LH Pühringer und Bgm. Dobusch beim letzten Westring-Gipfel am 29. November eine Mitfinanzierung von zehn bzw. fünf Prozent in Aussicht gestellt. Gerechnet von den geschätzten Baukosten von 527 Millionen für den Südteil wären das 53 Millionen für das Land, das erstmals seit 2000 wieder Schulden machen muss und im Sozialbereich massiv kürzt und 26 Millionen Euro für die Stadt die ebenfalls noch mehr Schulden machen muss um den Haushalt auszugleichen.

Wenn von Budgetpolitik die Rede ist, muss auch die Großzügigkeit bei Geschenken an die Wirtschaft, etwa 400.000 Euro für eine pompöse Weihnachtsbeleuchtung, 150.000 Euro für den City-Ring oder 78.000 Euro für das „Krone“-Fest angesprochen werden. Ebenso dass die Stadt 1,4 Millionen Euro von den KonsumentInnen bezahlte Getränkesteuer an den Handel zurückbezahlt, Außenstände von 3,08 Millionen Euro bei der Kommunalabgabe großzügig toleriert und der Finanzstadtrat nicht einmal wissen will, wie viel Grundsteuer ihr durch die Befreiung der Kirche und anderer Religionsgemeinschaften verlorengeht.

Auf der Kehrseite nimmt die Armut auch in Linz zu: Die Armutsforscherin Christine Orthofer-Stelzer stellte kürzlich klar, dass „auch jemand mit 1.100 Euro armutsgefährdet ist, wenn er eine sehr hohe Miete zu bezahlen hat“ und verband dies mit der Forderung nach besseren Mindestlöhnen und höheren Einkommen. Oberösterreich kann dabei auf einen besonders zweifelhaften bundesweiten „Rekord“ verweisen: Laut AK-Statistik verdienten 2009 männliche Angestellte im Bezirk Steyr im Schnitt 3.537 Euro monatlich, Arbeiterinnen im Bezirk Freistadt hingegen gerade 893 Euro, also nur ein Viertel.

Apropos Wertschöpfung

Erstmals seit 2004 ist die Kommunalsteuer im kommenden Jahre leicht rückläufig, was verdeutlicht, dass die Krise keineswegs überwunden ist, wie manche euphorisch behaupten. Linz ist zwar beim Pro-Kopf-Aufkommen dieser wichtigsten kommunalen Abgabe im Vergleich der Landeshauptstädte nach wie vor führend, trotzdem wird eine Umstellung der Bemessung von drei Prozent der reinen Lohnsumme auf die Berücksichtigung der gesamten Wertschöpfung immer dringender, gleiches gilt natürlich auch für die Bemessung der Unternehmerbeiträge zur Sozialversicherung.

Laut Wertschöpfungsbarometer der oö Arbeiterkammer ist die Wertschöpfung pro Beschäftigten von 2002 bis 2008 um 28 Prozent, die Personalkosten um 19 Prozent, hingegen der Überschuss nach Abzug der Personalkosten um 46 Prozent gestiegen. Anstatt in die Unternehmen zu investieren wurden übermäßig Gewinne ausgeschüttet und in Finanzanlagen investiert.

Sanierungsmaßnahmen – aber wie?

Laut Kontrollamt ist die „Finanzsituation sehr ernst“ und sind „Sanierungsmaßnahmen unverzüglich einzuleiten“. Die dazu gelieferten Rezepte sind allerdings in Frage zu stellen. Etwa eine „jährliche Valorisierung der Gebühren und Tarife“, den „Katalog der Pflichtausgaben nach Steuerungsrelevanz zu durchleuchten“, die „Ermessensausgaben kritisch zu überprüfen“, „Folgekosten von Investitionen höheres Augenmerk zu schenken“ oder einen „Selbstbehalt für Subventionsempfänger“ anzudenken. Hier gilt offenbar das Prinzip „Den Letzten beißen die Hunde“ durch Abwälzen auf die BürgerInnen, was hier völlig fehlt sind übergeordnete Maßnahmen.

Die Diskussion über eine Verwaltungsreform zieht sich seit zwei Jahrzehnten mit großer Zähigkeit durch die österreichische Politik. Es sind dabei die Länder die auf der Bremse stehen und ein verkrustetes und teures System verteidigen. Mit Pseudoargumenten wird die Absurdität verteidigt, dass ein so kleines Land wie Österreich neun verschiedene Jugendschutzgesetze, Bauordnungen, Sozialhilfegesetze usw. braucht. Die riesigen politischen Apparate der neun Landesregierungen sollen damit gerechtfertigt werden. Hingegen wurde der Druck nach unten auf die Gemeinden immer schon weitergegeben, wovon allein die Tatsache zeugt, dass die Gemeinden zu einer Maastricht-Null gezwungen wurden, wovon Länder und vor allem der Bund weit entfernt waren.

Einmal mehr zeichnet sich jedoch ab, dass der Leistungsdruck nach unten auf das Personal abgegeben wird. Etwa wenn Bgm. Dobusch von einer Nichtnachbesetzung durch Pensionen oder Kündigung freiwerdender Posten spricht oder laut „Tips“ das Budget-Minus von 35 Mio. Euro neben einer Kreditaufnahme durch eine „Effizienzsteigerung in der Verwaltung kompensiert“ werden soll. Entsprechende Tipps dazu gibt auch das Kommunalwissenschaftliche Dokumentationszentrum KDZ mit der Empfehlung flexible Arbeitszeitrahmen zu vereinbaren die bewirken „dass zwischen 6 und 18 Uhr generell keine Überstunden bezahlt, sondern Mehrleistungen im Ausmaß von 1:1 durch Zeitausgleich abgegolten“ werden.

Gemeinden als Blitzableiter

Die Zahl der Abgangsgemeinden in Oberösterreich hat sich von 2007 bis 2010 sprunghaft von 95 auf 307 erhöht, bis 2013 rechnet man sogar damit, dass 412 der 444 Gemeinden ihren Haushalt ohne Landeshilfe nicht mehr ausgleichen können. Damit ist Oberösterreich bundesweit Spitzenreiter. Oberösterreich weist mit einem negativen Transfersaldo von 350 Euro pro Kopf den höchsten Wert der Bundesländer aus. Als Hintergrund ortet das KDZ, dass in Oberösterreich die Beiträge der Gemeinden für Sozialhilfe und Krankenhausfinanzierung am höchsten sind.

Damit wird freilich auch die Budgetzauberei des früheren Landesfinanzreferenten Leitl und seines Nachfolgers Pühringer entzaubert, denn erstmals seit 2000 muss das Land wieder Schulden machen, obwohl mit der Teilprivatisierung der Hypo und der Energie AG sowie dem Verkauf der Wohnbauförderungsdarlehen große Bereiche des öffentlichen Eigentums für das Phantomziel der Schuldenfreiheit auf den Markt geworfen wurden.

Das grundsätzliche Problem der Gemeindefinanzierung ist und bleibt freilich auch weiterhin der Finanzausgleich. Das wird daran deutlich, dass die Gemeinden (ohne Wien) durchgerechnet 11,7 Prozent der Mittel erhalten, aber rund 40 Prozent aller öffentlichen Investitionen tätigen müssen. Hier ist Änderungsbedarf geboten, damit Bittgänge zum Land um Bedarfszuweisungen abgeschafft werden und der Druck auf die Gemeinden nachlässt. Haben diese doch in den letzten 15 Jahren im Gegensatz zum Bund und teilweise auch den Ländern durchwegs Maastricht-Überschüsse erzielt, also unter dem Druck von Bund und Land rationalisiert.

Linz bei Wohnbauförderung benachteiligt

Bereits mehrmals wurde im Gemeinderat die Wohnungspolitik und dabei wiederum die Benachteiligung von Linz bei der Wohnbauförderung thematisiert. Von 2009 beim Land registrierten 22.075 Wohnungssuchenden mit Primärbedarf entfielen 10.960 auf Linz, also 50 Prozent, von den geförderten 2.686 Miet- und 410 Eigentumswohnungen entfielen aber nur 634 auf Linz, also gerade 20 Prozent, obwohl bekannt ist, dass dringlich Wohnungssuchende vorrangig eine leistbare Mietwohnung brauchen und nicht auf Eigentum setzen können.

Der neue Wohnbaulandesrat Haimbuchner von der FPÖ setzt nicht nur die Bevorzugung von Eigenheimen und Landbezirken fort, sondern will zudem die gemeinnützigen Wohnbaugesellschaften zugunsten privater gewerblicher Bauträger ausbooten. Einmal mehr macht sich in dieser Situation auch das Fehlen eines eigenen städtischen Wohnbaues bemerkbar, der Impulse für den dringendsten Wohnbedarf geben könnte.

Ausgliederung ist ein Aspekt der Privatisierung

Etwas paradox ist die Argumentation der tonangebenden politischen Kraft in der Stadt, der SPÖ die zwar 2009 die absolute Mehrheit verloren hat, es praktisch aber geschafft hat faktisch wie bisher weiterzuregieren. Einerseits lehnt man verbal den neoliberalen Trend zur Privatisierung ab, gleichzeitig wurden in den letzten Jahren wesentliche Bereiche aus dem Magistrat in eigene Gesellschaften ausgegliedert, nämlich AKH, SZL, KJS, Museen, IKT und Immobilien.

Das ist zwar noch keine Privatisierung, aber zumindest schon dass diese Bereiche nach privatwirtschaftlichen Kriterien geführt werden wie zudem die Stadt immer stärker als Unternehmen aufgestellt wird. Fakt ist jedenfalls, dass diese Bereiche der Hoheit des Gemeinderates entzogen sind und dieser als gewählte Volksvertretung gerade noch Resolutionen beschließen darf. Wenn es um die Optik geht werden freilich andererseits die ausgegliederten Bereiche immer wieder einbezogen, etwa wenn mit der Unternehmensgruppe Linz argumentiert wird.

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