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Grünn: Mit der Unsicherheit der Menschen wird Politik betrieben

  • Mittwoch, 1. Dezember 2010 @ 08:00
Linz LINZ. Gerlinde Grünn von der KPÖ sitzt seit 2009 im Linzer Gemeinderat. Im Tips-Interview spricht sie über die „braunen Flecken“ der Stadt, das steigende Gefühl der Unsicherheit innerhalb der Gesellschaft und die Möglichkeiten einer allgemeinen Freifahrt im öffentlichen Verkehr. Von DANIEL KNERINGER

Tips: Sie vertraten während der Tips-Podiumsdiskussion zu den Linzer Schandflecken die Position, dass Linz keine Müllstadt ist. Es gibt Menschen, die da anderer Meinung sind...

Grünn: Es gibt sicher Orte, wo es Probleme gibt, sonst würden die Leute sich nicht aufregen, aber man darf nicht verallgemeinern. Es handelt sich meist um lösbare Angelegenheiten. Die Stadt hat genügend Ressourcen, diese in den Griff zu bekommen. Es muss vielleicht besser kommuniziert werden, wo man sich hinwenden kann, in diesem Fall an das Bürgerservice.

Tips: Was ist Ihnen selbst ein Dorn im Auge?

Grünn: Mich stören in Linz vor allem die braunen Flecken, wie beispielsweise das Pionierdenkmal an der Donaulände. Dieses stammt noch aus der Zeit des Nationalsozialismus und ist für die heutige Zeit absolut nicht mehr stimmig. Die Menschen müssen besser über die Hintergründe informiert werden. Man kann nicht alles abtragen, was in Linz noch aus der NS-Zeit stammt, doch bedarf es genauerer Erklärungen. Es geht hier um den Diskussionsprozess und nicht ums Verschweigen.

Tips: Ist die so genannte „neue Armut“ auch ein Thema, über das geschwiegen wird?

Grünn: Wie man es nimmt. Soziale Missstände müsste es auf jeden Fall in einer Stadt wie Linz nicht geben. Ich mache mich deshalb für eine Energiegrundversorgung stark. Licht, Wärme, Strom und Kommunikationsmöglichkeiten sollten in einer Wohnung ganz einfach vorhanden sein, niemand muss im Winter in einer kalten Bleibe sitzen.

„Soziale Missstände müsste es in einer Stadt wie Linz nicht geben. GERLINDE GRÜNN“

Tips: Armut und Unsicherheit gehen oft Hand in Hand, ein weiteres Thema, das Ihnen am Herzen liegt...

Grünn: Unsicherheit ist häufig eine Frage der sozialen Sicherheit. Menschen, deren Existenz gesichert ist, haben meist auch weniger Ängste. Die Schere zwischen arm und reich geht immer weiter auseinander. Wir haben in der heutigen Zeit viel mehr Bettler auf der Straße, was gleichzeitig für Unsicherheit in der Bevölkerung sorgt. Und damit wird dann auch noch aus Eigeninteresse Politik betrieben. Entscheidend ist es, die sozialen Grundlagen auf Dauer zu stärken. Eine konfliktfreie Gesellschaft wird es nie geben, aber wir können zumindest Ansätze finden, wie es besser sein kann.

Tips: Die Linzer Stadtwache stellt ein solches politisches Instrument gegen die Unsicherheit dar. Ist das Ihrer Meinung nach eine Lösung?

Grünn: Durch Überwachen und Abstrafen kann eine Gesellschaft nicht funktionieren. Es wäre besser solidarische Lösungen zu finden. Wenn man Strafen forciert, sind viel zu schnell Sündenböcke gefunden, die oft gar nicht die Verursacher des Problems sind. Das ist ein altes Phänomen. Die Stadtwache kostet viel Geld, das in andere Maßnahmen wie Stadtteilarbeit investiert werden könnte.

Tips: Welche Themen möchte die KPÖ in Zukunft noch angehen?

Grünn: Es sind die Verkehrsfragen, denen wir uns verstärkt widmen möchten. Der öffentliche Verkehr gehört ausreichend gefördert. Wir brauchen in Linz mehr Busspuren und teils eine Taktverdichtung. Außerdem soll die Freifahrt forciert werden.

Tips: Wie stellen Sie sich das mit der Freifahrt vor? Kann sich das der Staat leisten?

Grünn: Die Planung der Verkauf und die Kontrolle von Tickets kostet ja auch was? Bevor man das Geld für Projekte wie den Westring ausgibt, könnte .man es für solche Maßnahmen einsetzen.

„Durch Überwachen und Abstrafen kann eine Gesellschaft nicht funktionieren. GERLINDE GRÜNN“

Tips: Die KPÖ ist in ganz Österreich eher schwach vertreten. Wie kommt es aber, dass sie in Graz 2008 über elf Prozent der Stimmen holen konnte? Was machen die anderen Bundesländer und Hauptstädte falsch?

Grünn: Der Ausgangspunkt in Graz war genauso ein Mandat, wie wir es derzeit in Linz haben. Über die Politik, die dort betrieben wurde, konnte eine Vertrauensbasis bei den Wählern erzielt werden.

Tips: Ein Ziel, das auch Sie erreichen möchten?

Grünn: Wir wollen auf jeden Fall in den nächsten fünf Jahren durch Initiativen, die wir setzen, unseren Bekanntheitsgrad vergrößern und bei der nächsten Wahl mehr erreichen.

Quelle: Tips, 48. Woche 2010

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