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Die Linzer SPÖ und Avrasya: Kein Problem mit „Grauen Wölfen“

  • Freitag, 28. Mai 2010 @ 16:40
Linz Relativ geräuschlos ging am 24. April 2010 in der Schererstraße in Linz-Wegscheid ein türkisches Konzert über die Bühne, veranstaltet vom Avrasya − Kultur-, Bildungs- und Hilfsverein in OÖ, der als Verein der faschistischen „Grauen Wölfe“ gilt.

Bekanntlich hatte eine gleichartige Veranstaltung mit dem Titel „13. Kültür Söleni der Türk Federasyon“ am 14. Juni 2009 im Neuen Rathaus für gehörigen politischen Wirbel gesorgt.

Als Reaktion auf die Proteste gegen eine derartige Veranstaltung in einem städtischen Lokal im Vorjahr wichen die Veranstalter heuer in das private Event-Kompetenzzentrum aus und verzichteten in der Bewerbung anders als 2009 auch auf die Verwendung des Logos der „Grauen Wölfe“, die drei Halbmonde. Aus der deutlich geringeren Zahl von Inseraten im Werbematerial ist ersichtlich, dass offensichtlich auch viele türkische Geschäftsleute auf Distanz zu Avrasya gegangen sind.

Die SPÖ voll mit dabei…

Nicht verzichten auf ihre Präsenz wollte freilich die regierende SPÖ: „In Vertretung von Vizebürgermeister Klaus Luger“ nahm der SPÖ-Gemeinderat Franz Leidenmühler als offizieller Vertreter der Stadt und der SPÖ an der Veranstaltung teil. Mit dabei wie schon im Vorjahr Selcuk Ahmet Hergüvenz, bei der Wahl 2009 SPÖ-Gemeinderatskandidat auf Platz 32.

Hinter der Hartnäckigkeit der SPÖ sich mit Vereinen wie Avrasya zu verbünden steckt offenbar eine von Luger entwickelte Strategie einer Wählermaximierung – die allerdings 2009 gründlich daneben ging – durch die schon vor einigen Jahren vollzogene Umorientierung von der linken kurdischen PKK auf rechte türkische Vereine wie ATIB und eben Avrasya. Am 1. Mai 2007 begrüßte Luger die mit der SPÖ mitmarschierenden Kameraden von ATIB, Milli Görus und „Ülkü Ocagi“ („Idealistenvereine”= Graue Wölfe) am Hauptplatz sogar in türkischer Sprache . Im Anschluß an diese seltsame Verbrüderung griffen Aktivisten der „Grauen Wölfe“ die Maidemo der kurdischen PKK an, wobei auch ein 14-jähriges Mädchen durch Steinwürfe schwer verletzt wurde.

Aufschlußreich zu diesem Thema war auch eine 2009 erschienene türkisch-sprachige Werbepostille der SPÖ namens „Ekspres“. Hier gab es nette Berichte über Veranstaltungen von türkischen MigrantInnenorganisationen – freilich nur solcher, die rechts der Mitte angesiedelt sind. Eindeutige Hauptperson des Blattes war aber Klaus Luger, der schon allein auf der Titelseite dreimal abgebildet war.

Mißbrauch von Linz09

Der Verein Avrasya gilt als Organisation der faschistischen „Grauen Wölfe“, was bei der Bewerbung der Veranstaltung 2009 durch die unmißverständliche Verwendung der drei Halbmonde, des Symbols der „Grauen Wölfe“ zum Ausdruck kam. Weil im Jahr der Europäischen Kulturhauptstadt 2009 mißbräuchlich und ohne Zustimmung dabei auch das offizielle Logo von Linz09 verwendet wurde, leitete die Linz 2009 GmbH sogar rechtliche Schritte gegen den Verein ein.

Das Flugblatt für die Veranstaltung im Jahre 2009 wies sowohl in seiner Symbolik als auch durch die offensichtlich mitorganisierenden Gruppen der Avrupa Türk Konfederasyon (ATK) bzw. der Türk Federasyon eindeutige und enge Verbindungen zu rechtsextremen türkischen Organisationen auf. Die ATK besteht nach eigenen Angaben aus türkisch-nationalistischen Organisationen, die wiederum Verbände der sogenannten Ülküculer, der Anhängerschaft der rechtsextremen nationalistischen Aktionspartei Milliyetçi Hareket Partisi (MHP) sind. Die beiden KünstlerInnen Cafer Altun und Seval Güles, die am 14. Juni 2009 im Neuen Rathaus auftraten, sind bekannt dafür, dass sie die völkisch-nationalistische Ideologie der MHP propagieren.

Was sind die „Grauen Wölfe“?

„Graue Wölfe“ werden die Mitglieder der rechtsextremen türkischen Partei der Nationalistischen Bewegung (MHP) genannt. In den 70ern waren die Grauen Wölfe für viele Anschläge gegen Linke in der Türkei verantwortlich und bereiteten den Boden für den Militärputsch.

Laut der deutschen Extremismus-Expertin Claudia Dantschke vom Zentrum Demokratische Kultur in Berlin träumen die Grauen Wölfe „von einem großtürkischen Reich, sind aber keine Islamisten. Für sie ist der Islam die kulturelle Basis des Türkentums, mehr nicht.“ In Deutschland sorgte im Mai 2008 der Auftritt des Kölner CDU-Chefs und einer CDU-Europaabgeordneten bei der Eröffnung eines MHP-Kulturvereins für öffentliche Empörung.

Der damalige Stadtrat und jetzige Vizebürgermeister Klaus Luger (SPÖ) sah dennoch keine Bedenken und meinte lapidar: „Gegen Avrasya liegt strafrechtlich nichts vor.“ Eine Allerweltsausrede, denn hinter dem Verein stehen die „Graue Wölfe“, deren militante Banden in der Türkei für mehrere tausend (!) Morde an fortschrittlichen GewerkschafterInnen und AntifaschistInnen verantwortlich gemacht werden.

Abgesehen davon werden sie laut Berichten des Innenministeriums auch in Österreich für zahlreiche Anschläge und Übergriffe verantwortlich gemacht, zu dem sind sie eine Tätergruppe im Heroingroßhandel. Die Nähe zu den Grauen Wölfen bestreitet Vereinsmitglied Abdurrahman Altaslan nicht: „Wir sind aber keine Faschisten. Uns geht es nur um die türkische Kultur. Wir erniedrigen andere Völker nicht.“ Dessen ungeachtet ließen Luger und Bürgermeister Dobusch auch die Proteste der Sozialistischen Jugend und der SPÖ-FreiheitskämpferInnen abblitzen.

Avrasya im Integrationsbeirat

Bezeichnenderweise ist der Sprecher des Vereins Avrasya, Tahir Idiskut, auch Mitglied des Linzer Migrations- und Integrationsbeirates (MIB) und wurde im Dezember 2009 zu dessen 2. Stellvertretendem Vorsitzenden ernannt. Dazu ist anzumerken, dass im Jahre 2008 die bis dahin übliche Wahl des Beirates durch MigrantInnen mit der Begründung einer sehr niedrigen Wahlbeteiligung abgeschafft wurde und seither die Mitglieder vom Bürgermeister ernannt werden. Dass ein Vertreter von Avrasya im Beirat sitzt ist demnach eine bewußte politische Entscheidung von Bürgermeister Franz Dobusch bzw. der SPÖ.

Laut der Integrationsexpertin Tülay Tuncel, früher selbst stellvertretende Vorsitzende des Beirates, nahm in Oberösterreich „die Mitgliederzahl der Grauen Wölfe in letzter Zeit zu“. Gewalttätige Auseinandersetzungen zwischen türkisch-nationalistischen und kurdischen Jugendlichen nahmen in Oberösterreich zu. Darauf hatte Tuncel schon vor Jahren im Beirat auf die Rolle nationalistischer Vereine hingewiesen: „Türkische Mütter erzählen, dass ihre Kinder von diesen Vereinen gegen Kurden aufgehetzt werden.“

Das Beispiel Avrasya zeigt eine ausgesprochene Doppelbödigkeit sozialdemokratischer Politik: Während sich Luger & Co. auf der einen Seite bei der Debatte um ein Integrationspaket weltoffen und fortschrittlich geben, setzen sie in der Realpolitik auf Kooperation ausgerechnet mit rechts stehenden türkischen Vereinen.

Siehe dazu auch:
- Thomas Rammerstorfer, Der Rote Esel und die Grauen Wölfe http://news.glb.at/news/article.php/20091019105232526
- Stefan Beig, Eklat in Linz: Auftritt der Grauen Wölfe http://www.wienerzeitung.at/DesktopDefault.aspx?TabId=4975&alias=wzo&cob=419591
- Thomas Schmidinger, Das Heulen der Grauen Wölfe http://ooe.kpoe.at/news/article.php/20081021140949490
- Thomas Rammerstorfer, Graue Wölfe im Schafspelz http://ooe.kpoe.at/news/article.php/20080122151154541

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