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Die KPÖ zum Thema Spielsucht

  • Mittwoch, 2. Dezember 2009 @ 12:56
Kommunal Seit 1980 wird Glücksspielsucht als Störungsbild anerkannt und dahingehend definiert, dass sie die Lebensführung der Betroffenen beherrscht und zum Verfall der sozialen, beruflichen, materiellen und familiären Werte und Verpflichtungen führt. Als wesentlich dabei werden die rasche Spielabfolge, hohe Ereignisfrequenz, Verfügbarkeit durch entsprechende Angebotsdichte und extensive Vermarktung, die Zeitspanne zwischen Einsatz und Spielergebnis und auch die hohe Risikobereitschaft durch Verschleierung der finanziellen Relevanz durch ersatzweise Verwendung von Jetons oder Kreditkarten angeführt.

Diese Faktoren treffen im höchsten Maße beim „kleinen Glücksspiel“ mit Automaten zu. Im Unterschied zu Spielcasinos (die nur an wenigen Orten verfügbar sind und für welche Zugangsregeln bis zur Sperre von SpielerInnen gelten), aber auch Lotto, Toto oder Lotterien gelten Automatenspiele neben Online-Gaming als Wachstumsmarkt. In Österreich haben sich die Spieleinsätze für Glücksspiele und Sportwetten von 2002 bis 2007 von 4,5 auf rund 13 Milliarden Euro verdreifacht, der Anteil von Spielen mit Glücksspielautomaten daran hat sich von einer auf 3,3 Milliarden Euro (2006) erhöht. Diese Zahl würde sich nach einer österreichweiten Legalisierung (derzeit ist das „Kleine Glücksspiel“ nur in vier von neun Bundesländern erlaubt) durch die geplante Novelle des Glücksspielgesetzes stark erhöhen.

Wildwuchs beim Automatenspiel

Das Glückspielgesetz sichert den privaten Gesellschaften Casino AG und Lotterien GmbH ein staatliches Glücksspielmonopol. Ausgenommen vom Gesetz sind freilich Glücksspielautomaten, die durch Landesgesetze geregelt sind. In vier Bundesländern (Kärnten, Niederösterreich, Steiermark, Wien) ist derzeit das so genannte „Kleine Glücksspiel“ zugelassen, in den restlichen fünf Bundesländern ist es nicht legal. Mit einem Maximaleinsatz von 50 Cent und einem Höchstgewinn von 20 Euro pro Spiel hoffte der Gesetzgeber, ein für die SpielerInnen ruinöses Ausufern zu verhindert. In der Praxis können SpielerInnen freilich innerhalb weniger Stunden ihr gesamtes Monatseinkommen und noch mehr verlieren. Durch wenige Handgriffe am Automaten lassen sich nämlich die gesetzlichen Vorgaben sehr einfach ausschalten und statt einer 50-Cent-Münze kann sogar ein 100-Euro-Schein eingesetzt – und in weniger als einer Minute verloren – werden.

Eine wachsende Zahl von Spielsüchtigen verspielt zuerst das eigene Geld, dann werden Verwandte und Freunde angepumpt, im Extremfall führt der Weg sogar in die Beschaffungskriminalität, die freilich aus der Kriminalstatistik nur selten ersichtlich ist. Spielsucht ruiniert Existenzen, zerstört Familien, führt zu gesundheitlichen Problemen und endet gar nicht so selten im Freitod von Betroffenen. Laut Statistiken von Beratungseinrichtungen sind Glücksspielautomaten mit bis zu 90 Prozent Ursache der Spielsucht ihrer KlientInnen, der überwiegende Zahl männlich ist. Laut Fachleuten des Wiener Anton-Proksch-Instituts ist fast die Hälfte der Spielsüchtigen unter 18 Jahre alt. Die Alterskontrollen sind bei Glückspielautomaten, aber auch bei Sportwetten, Glücks- und Rubbellosen mangelhaft.

Die wachsende Zahl von Wettcafés usw. ist besonders in Wohngebieten mit vielen Arbeitslosen, Menschen mit geringen Einkommen und MigrantInnen besonders hoch und damit Ausdruck einer wachsenden Perspektivlosigkeit als deren Folge sich viele Menschen durch das Glücksspiel eine Verbesserung ihrer Lage erhoffen. Gleichzeitig werden die zahlreichen Wettcafés auch Ziel krimineller Aktivitäten, die Zahl von Überfällen häuft sich.

KPÖ hat Spielsucht problematisiert

In Österreich werden pro Kopf 1.272 Euro für Spiel- und Wetteinsätze (Stand 2006) ausgegeben, in Summe 10,3 Milliarden Euro. Nur Großbritannien (1.714) und Finnland (1.636) sind noch stärker dem Glücksspiel verfallen, während etwa Deutschland mit 400 Euro weit abgeschlagen zurückliegt. Mit 47,7 Glücksspielautomaten pro 10.000 EinwohnerInnen weist die Steiermark mit Abstand die größte Dichte auf, in Wien sind es nur 19, in Niederösterreich 18 und in Kärnten 13,7. Auf Millionenbeträge verzichten hingegen einzelne Bundesländer bei der Lustbarkeitsabgabe für Spielautomaten. Diese beträgt in Wien 1.400 Euro pro Jahr, in der Steiermark hingegen nur 467,50 Euro. Der KPÖ-Landtagsklub in der Steiermark und Klubobmann Ernst Kaltenegger haben das bis vor einigen Jahren kaum beachtete „Heiße Eisen“ Spielsucht aufgegriffen und damit zumindest in der Steiermark eine öffentliche Thematisierung und mehr Sensibilität dafür erreicht.

Nach internationalen Studien und Schätzungen von Experten sind 1,5 Prozent der ÖsterreicherInnen krankhafte Spieler, drei Prozent dürften latent gefährdet sein. Zwar wird Spielsucht mittlerweile als Krankheit anerkannt und die Kosten für eine Therapie auch von Krankenkassen übernommen, doch gibt es zu wenig Therapieplätzen, was zu langen Wartezeiten führt. Der Mangel an entsprechenden Einrichtungen ist fatal, weil erfahrungsgemäß die Bereitschaft von Spielern, sich einer Therapie zu unterziehen, bei Wartezeit zunehmend wieder schwindet. Die Betreiber von Automatenspielen werben aggressiv um KundInnen, etwa durch die Ausgabe von Gratisjetons. Kaum ein Ort, in dem nicht schon ein solches Lokal existiert. Der Gesetzgeber schaut diesem Treiben, welches hunderte Menschen jährlich in den völligen finanziellen Ruin treibt, tatenlos zu.

Glücksspielgesetz-Novelle: Eine Lex Novomatic

Ende 2008 wurde vom damaligen Finanzminister Molterer der Entwurf einer Novelle zum bundesweiten Glücksspielgesetz vorgelegt. Diese Novelle ist allerdings auf die Interessen eines einzigen Konzerns zugeschnitten: Nur Novomatic kann die Auflagen für eine Konzession (50 Mio. Euro Eigenkapital) erfüllen. Statt bisher 50 Cent wird der Höchsteinsatz in Zukunft das Zwanzigfache, also zehn Euro, betragen. Ein Spielerschutz wird im Text zwar angesprochen, es fehlen aber Sanktionsmöglichkeiten. Länder und Gemeinden sollen keinerlei Mitsprachemöglichkeiten mehr haben. Gleichzeitig soll das „Kleine Glücksspiel“ in ganz Österreich möglich sein.

Mit diesem Gesetz hat die Politik also vor einem großen Glücksspielkonzern kapituliert. Damit ist ein Anstieg der Zahl der Spielsüchtigen mit allen bekannten negativen Folgen für die Betroffenen und die gesamte Gesellschaft vorprogrammiert. Der Widerstand gegen das neue Gesetz durch den Automatenverband der Chancengleichheit fordert verzögert das Wirksamwerden, ändert aber letztlich nichts an der Grundproblematik in Hinblick auf die Gefahr der Spielsucht.

Seine Macht demonstrierte Novomatic 2006 in Niederösterreich, als sich die damalige Sozial- und Jugendlandesrätin Christa Kranzl gegen die Bewilligung von 2.500 Automaten wehrte, um „Jugendliche vor dem Absturz in die Spielsucht schützen“. Sie wurde von Novomatic auf Schadenersatz bis zu 20 Millionen Euro pro Jahr geklagt („Zur Einschüchterung und Warnung an alle Politiker“, so Kranzl) und von LH Pröll zurückgepfiffen wurde. Schlussendlich wurden 1.800 Automaten bewilligt, woraufhin Novomatic die Klage zurückzog.

KPÖ fordert Maßnahmen gegen Spielsucht

Die KPÖ ist nicht für ein generelles Verbot des Glücksspiels, fordert jedoch wirksame Maßnahmen, um ein Abgleiten in die Spielsucht mit allen Folgen zu verhindern. Dazu gehören eine Begrenzung des Mindesteinsatzes auf 50 Cent und eine Mindestspieldauer von 20 Sekunden, eine bundesweit einheitliche Automatenabgabe mindestens in der Höhe der jetzt in Wien eingehobenen Gebühr zur Reduktion der Angebotsdichte sowie deren Zweckbindung für Therapiemaßnahmen für Spielsüchtige und Aufklärung über die Gefahren der Spielsucht. Auch ein Werbeverbot für Glücksspiel ist eine dringend gebotene Maßnahme.

So müsste auf allen Geldspielapparaten in deutlich lesbarer Schrift einen Hinweis auf Betreuungseinrichtungen bzw. Selbsthilfegruppen Spielsüchtiger angebracht werden. Bewilligungsinhaber müssen zu Vorkehrungen verpflichtet werden, dass sich Spielerinnen und Spieler sperren lassen können und ihnen dann die Benützung von Geldspielautomaten zu verwehren. Vor allem aber muss es seitens der Behörden wirksame Kontrollen geben, ab seitens der Bewilligungsinhaber alle Auflagen eingehalten werden, die bei Nichteinhaltung unweigerlich zum Entzug der Bewilligung führen.

Positionspapier von Ernest Kaltenegger (KPÖ-Landtagsklubobmann Steiermark) und Leo Furtlehner (KPÖ-Kommunalsprecher)

Infos: http://spielsucht.kpoe-steiermark.at/

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