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„Schneckenkönig“ von Eugenie Kain: Zwischen Kampf und Musenkuss

  • Montag, 10. August 2009 @ 13:22
Kultur Von Dominika Meindl

Alles andere als ideal waren die Bedingungen, unter denen Eugenie Kain ihre neuen Erzählungen geschrieben hat. Eine schwere Krankheit fordert ihren Tribut. Der Qualität der Texte hat das nichts anhaben können. Zugleich zeugt „Der Schneckenkönig“ von unermüdlichem Engagement.

Können Musen fliegen?

„Auf den Musenkuss warte ich noch. Da bin ich wahrscheinlich zu selbstkritisch“, sagt Eugenie Kain. In der Erzählung „Können Musen fliegen?“ ist das nach zu erleben. Nichts aber weist bei der Lektüre dieses und anderer Texte darauf hin, dass sie Produkte reiner Plackerei oder herzblutleerer Routine wären. Wohl eher im Gegenteil. Die klare Parteinahme für Randfiguren vermittelt nicht nur kämpferische Gedanken, sondern literarisches Vergnügen.

„Die Figuren sagen, was sie wollen.“ Was gar nicht so weit vom Musenkuss entfernt wirkt, verlangt nach Rahmenbedingungen. Die Umstellung, der Umgang mit Erwartungen sei nach den vorhergehenden, prämierten Texten wie „Hohe Wasser“ und „Flüsterliebe“ nicht leicht gewesen. In den neuen Erzählungen geht es um die verschiedenen Arten des Erzählens – realistisch, surrealistisch, dokumentarisch. Zwar ging das Schreiben an sich leichter und schneller, weil der Wechsel der Erzählweisen anregend gewesen sei. „Es war aber auch schwierig, weil ich beim Schreiben für gewöhnlich in eine hohe Konzentration, eine Trance gerate.“ Das sei bei den kürzeren Texten schwerer gewesen. Für den „Schneckenkönig“ hat Kain aber erstmals in eine Art Schreibklausur gehen können.

„Die Einfälle kommen meistens, wenn ich in Bewegung bin.“ Die Inspiration beschränkt sich allem Anschein nach nicht auf lauschige Spaziergänge. Kain lässt sich nach wie vor von der Unzufriedenheit über Ungerechtigkeiten bewegen. Die titelgebende Erzählung etwa handelt von einem Kind, dessen Umgebung völlig blind für seine Besonderheit ist.

Das Leben als Schriftstellerin hat seinen Preis. „Im Nachhinein betrachtet war das schwierig. Das ging nur unter Verzicht bei der Familie.“ Nun sichert eine kleine Pension ihre Existenz. „Grundsicherung ist aber eigentlich ein Irrtum. Da stelle ich mir ein sorgenloseres Leben vor.“ Denn viel bleibe nicht. „Ich habe nicht viele Bedürfnis se.“ Allein vom Schreiben zu leben, „das ist sich nie ausgegangen.“ Kain hat ja auch eine Tochter zu versorgen. „Ich bin aber überzeugt, dass die Gesellschaft Schriftsteller braucht, die nur davon leben.“

Sie selbst trägt für das Gelingen Sorge, indem sie in etlichen Jurys und durch ihr „Literatur Netz“ die Arbeit anderer fördert. Das verschafft ihr Überblick darüber, was literarisch am Kommen ist. „Ich habe das Gefühl, dass sich da was tut. Spannende Geschichten, neue Töne und Ausdrucksformen.“ Das Kulturhauptstadtjahr trage dazu nicht viel bei. „Es gibt schon interessante Sachen. Als Linzerin sehe ich das wohl kritischer. Es wird nicht recht viel bleiben.“ Was sie bemängelt, ist die Dotierung der Literatur. „0,88 Prozent des Budgets – das tut mir leid.“

Eugenie Kain: „Schneckenkönig“: Erzählungen. Otto Müller Verlag, 2009.

Quelle: OÖ Kultur, 8/2009

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