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Über Sonntagsreden und Alltagspolitik

  • Sonntag, 10. Mai 2009 @ 16:14
Antifa Liebe Antifaschistinnen und Antifaschisten,
liebe Genossinnen und Genossen!

Wir gedenken hier jener Antifaschisten der sogenannten „Welser Gruppe“ die kurz vor der Befreiung vom Faschismus am 28. April 1945 im Nazi-Konzentrationslager Mauthausen ermordet wurden. Einer von den 42 war Sepp Teufl, seit 1933 Landesobmann der illegalen KPÖ. Er hatte in seinem letzten Brief an seine Familie noch voller Zuversicht geschrieben „Meine Rechnung geht jetzt bis zum ersten Mai“. Es war ihm nicht vergönnt diesen Tag noch zu erleben.

Die 42 Antifaschisten wurden auf ausdrückliche Weisung des Nazi-Gauleiters Eigruber ermordet, weil die anrückenden Alliierten „keine aufbauwilligen Kräfte“ vorfinden sollten. Als sie ermordet wurden, war Wien schon am 13. April von der Roten Armee befreit worden und hatte am 27. April die provisorische Regierung von ÖVP, SPÖ und KPÖ ihre Tätigkeit aufgenommen. Wenige Tage später wurde am 5. Mai auch das KZ Mauthausen von der US-Armee befreit und am 8. Mai hatte mit der Kapitulation Hitlerdeutschlands das zwölf Jahre dauernde Grauen ein Ende gefunden.

Wenn wir Lebensläufe, Biografien und Berichte über die Antifaschisten der „Welser Gruppe“ lesen, werden wir feststellen, dass sie kaum manchen Vorstellungen von Bilderbuch-Helden entsprachen. Sie hatten nicht mit der Waffe gekämpft, keine Bomben gelegt oder Anschläge auf Nazi-Einrichtungen ausgeübt. Ihr ganzes „Verbrechen“ bestand darin, Flugblätter zu verteilen, Geld für Hilfsmaßnahmen zu sammeln und vom Nazi-Regime verfolgte Menschen zu verstecken und für das Wiedererstehen eines unabhängigen Österreich zu sein. Aber gerade das machte sie offenbar für das Hitler-Regime so gefährlich.

Diese Menschen hatten sich im Gegensatz zu jenen hunderttausenden MitläuferInnen, die nach 1945 Erinnerungslücken hatten oder sich gar als Verfolgte ausgaben, dafür entschieden das Nazi-Regime abzulehnen und vielfach dafür mit ihrem Leben bezahlt. Damit haben sie die Moskauer Deklaration der Alliierten von 1943 ernst genommen, in welcher ein „eigener Beitrag“ Österreichs zu seiner Befreiung verlangt wurde. Ihr Vermächtnis für uns heute ist ein entschiedenes „Niemals wieder“, es gilt aber auch die Mahnung von Bertolt Brecht „Der Schoß ist fruchtbar, aus dem das kroch“ zu beachten. Das verpflichtet uns wachsam zu sein gegen alle alten und neuen faschistischen, rechtsextremen, fremdenfeindlichen und offen oder versteckt antisemitischen Tendenzen.

Leider ist die Gegenwart von Entwicklungen geprägt, die uns Sorge machen müssen. Wenn rechtsextreme Parteien bei der letzten Nationalratswahl fast 30 Prozent der Stimmen erreichten und über 40 Prozent der Jungwähler solche Parteien wählten, wenn offen neofaschistische Gruppen versuchen den Frust der Menschen über die Auswirkungen der neoliberalen Politik und der globalen Wirtschaftskrise für sich zu nutzen, wenn Rassismus und Fremdenfeindlichkeit auch von etablierten Parteien als Instrument ihrer Politik benutzt wird, muss das hellhörig machen.

Die Erfahrung zeigt, dass die Behörden nur handeln, wenn es einen politischen Druck einer breiten antifaschistischen Bewegung gibt, wie das beim Verbot der Naziaufmärsche in Braunau und Linz der Fall war. Umso besorgniserregender ist es daher, wenn die Polizei am 1. Mai in Linz eine linke Maidemo durch massive Übergriffe gegen DemonstrantInnen verhindert hat statt ihre Kräfte voll auf den Kampf gegen Neonazis und Rechtsextreme zu konzentrieren.

Aktuell geht es jetzt um ein Verbot der Nationalen Volkspartei, einer Gruppierung die eigentlich 2007 vom Innenministerium gar nicht hätte zugelassen werden dürfen. Die KPÖ hat schon Ende März Anzeige wegen Verdacht auf Verstoß des NS-Verbotsgesetzes erstattet und ein Verbotsverfahren gegen die NVP verlangt. Dass Teile des Programms dieser Partei wörtlich aus einem SS-Handbuch abgeschrieben wurden verstärkt unsere Argumentation, die zuständige Wiener Staatsanwaltschaft hat daher großen Handlungsbedarf.

Wenn am heutigen Tag die Würdenträger der Großparteien in zahlreichen Sonntagsreden antifaschistische Bekenntnisse ablegen müssen sie freilich an ihre Alltagspolitik erinnert werden: Wer sich nicht mit aller Entschiedenheit von rechtsextremen und fremdenfeindlichen Parteien wie FPÖ oder BZÖ abgrenzt, mögliche Koalitionsoptionen mit ihnen dezidiert ausschließt und sie nicht politisch unter Quarantäne stellt, kann keinen glaubwürdigen und politisch wirksamen Antifaschismus für sich beanspruchen. Wer sich in Sonntagsreden antifaschistisch gebärdet, wochentags aber den heillos mit dem Neonazismus verbandelten Ring Freiheitlicher Jugend oder den sich auf den „Turnvater“ Jahn, den ideologischen Wegbereiter der Nazis berufenden Turnerbund subventioniert, ist ein gefährlicher Gaukler.

In diesem Sinne ehren wir mit der heutigen Kundgebung den antifaschistischen Widerstand und bekräftigen einmal mehr: Ehre ihrem Andenken! Nie wieder Faschismus, nie wieder Krieg! Wehret den Anfängen!

Ansprache von Leo Furtlehner, KPÖ-Landessekretär Oberösterreich bei der Kundgebung bei der Gedenktafel für die 42 Antifaschisten an der Klagemauer im KZ Mauthausen am 10. Mai 2009

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