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OÖ Antifa-Netzwerk macht Front gegen FPÖ/BZÖ

  • Samstag, 4. Oktober 2008 @ 22:03
Antifa Eine unmissverständliche Aufforderung an die SPÖ, keine Koalition mit FPÖ bzw. BZÖ einzugehen sowie die deutliche Forderung an die Nationalratsabgeordneten von SPÖ, ÖVP und Grünen, den wegen seiner Mitgliedschaft zur rechtsextremen Burschenschaft Olympia umstrittenen FPÖ-Abgeordneten Martin Graf nicht zum Dritten Nationalratspräsidenten zu wählen, beschlossen die etwa hundert TeilnehmerInnen der 8. Jahreskonferenz des OÖ Netzwerks gegen Rassismus und Rechtsextremismus am 4. Oktober 2008 im Bildungshaus Schloss Puchberg bei Wels. Einstimmig beschlossen wurde auch die Forderung nach einer gesetzlichen Verbesserung des Bleiberechts.

Die musikalisch von der Gruppe Kohelet 3 (Eva und Bogdan Hanushevski) gestaltete Konferenz wurde von Bildungshaus-Leiter Wilhelm Achleitner eröffnet, der sich „schwer irritiert“ über das Ergebnis der Nationalratswahl zeigte und die Bedeutung des Netzwerkes betonte. Grußworte sprachen der Welser Bürgermeister Peter Koits, die Präsidentin der Katholischen Aktion, Margit Hauft und der grüne Landtagsabgeordnete Gunter Trübswasser. Verlesen wurde eine Grußadresse des Museo della Deportazione aus Prato (Toskana).

Netzwerk-Sprecher Robert Eiter wies in seinem Bericht auf wichtige gemeinsame Aktivitäten des Netzwerkes im abgelaufenen Jahr hin: Drei „kleine“ Netzwerktreffen, 42 Netzwerk-Infos, Antifa-Demos gegen den „Turmkommers“ der Burschenschaften in Linz sowie in Braunau, Aktivitäten gegen die Verzögerung des BFJ-Prozesses in Wels und zur Darstellung der Verflechtungen des Bundes Freier Jugend mit der FPÖ-Jugendorganisation Ring Freiheitlicher Jugend. Als 50. Gruppe wurden die Kinderfreunde Mitglied des Netzwerkes, mit der GPA-DJP-Jugend gibt es bereits 51 Mitglieder. Harald Fartacek erstattete einen Finanzbericht, Albert Langanke berichtete über die Aktivitäten des Mauthausen-Komitees Österreich und die Befreiungsfeiern 2009, die dem religiösen Widerstand gewidmet sind.

Rechtsextremismus und Justiz

Justizministerin Maria Berger referierte zum Thema „Rechtsextremismus und Justiz“, dass die Justiz nach 1945 durch Richter mit NS-Vergangenheit belastet war, mittlerweile aber eine neue Generation von RichterInnen und StaatsanwältInnen tätig ist, die sie als „demokratisch gefestigt und sensibel“ bezeichnete. Eine von Broda und Firnberg in den 70er Jahren gestartete, vom früheren FPÖ-Justizminister Böhmdorfer jedoch unterbrochene wissenschaftliche Reihe zur Auseinandersetzung mit dem Rechtsextremismus wurde in Bergers Ära wiederaufgenommen. Als Ziel bezeichnete Berger die Verhinderung von Auffassungen eines autoritären Rechtsstaates.

Mit der Aussetzung einer Ergreiferprämie im Rahmen der Aktion „Letzte Chance“ will die Ministerin die Auffindung von NS-Kriegsverbrechern wie Aribert Haim und Alois Brunner erreichen. Durch die Öffnung der Archive konnte die Forschungsstelle Nachkriegsjustiz wichtige Bereiche aufarbeiten. Durch eine neue EU-Rechtslage konnte die Auslieferung des Neonazis Gerd Honsik aus Spanien erreicht werden. Berger betonte, dass es mit ihr keine Änderung des NS-Verbotsgesetzes geben werde, sie aber eine Anpassung des Strafgesetzbusches zur Ahndung von Verhetzung und Rassismus betreiben will. Bei einer Verschärfung des Verbotsgesetzes befürchtet Berger, dass eine solche Debatte den Befürwortern einer Aufhebung oder Verwässerung entgegen kommen könnte.

Zur Causa Graf erklärte sie nebulös, dass die Haltung des SPÖ für die Wahl des NR-Präsidiums am 27. Oktober noch offen sei. Zu der vom bekanntermaßen weit rechts stehenden Richter Maurer verfügten vorzeitigen Entlassung des britischen Holocaust-Leugners David Irving meinte die Ministerin, dass das Strafgesetzbuch für alle gleich gelte und das sich auch auf vorzeitige Entlassungen bezieht. Nicht festlegen wollte sich Berger zur Forderung auch im Ausland erfolgte Straftaten – wie etwa den Auftritt des rechtsextremen Rechtsanwaltes Schaller bei der Teheraner Holocaust-Konferenz – in Österreich gerichtlich verfolgen zu können.

Rechtsextreme MigrantInnen?

Zum Thema „Rechtsextremismus unter türkischen Migranten“ wies Thomas Schmidinger Auffassungen, dieses Problem dürfte nicht thematisiert werden weil es den Rechten nütze, die Betrachtung von MigrantInnen ausschließlich als Opfer oder sie überhaupt per se als links und fortschrittlich zu betrachten zurück. Er wies darauf hin, dass viele ÖsterreicherInnen mit Migrationshintergrund jetzt FPÖ gewählt haben und rechtes bzw. autoritäres Gedankengut auch unter MigrantInnen stark verbreitet ist. Freilich hat der Rechtsextremismus in dieser Gruppe andere Formen und wird von den Herkunftsländern bestimmt.

Schmidinger wies dazu auf Tendenzen des politischen Islam wie auch säkularen Rechtsextremismus, etwa jenem der „Grauen Wölfe“ der von Türkes gegründeten MHP hin. Diese Partei verbreitet in Österreich über einen Dachverband mit 50 Mitgliedsvereinen ihre Auffassung von „Türkentum“. Ebenso ist in Österreich mit zwei Vereinen auch eine 1993 von der MHP abgespaltene militant islamische Richtung die ausgeprägt antisemitisch, antikurdisch und antiarmenisch agiert aktiv. Vom türkischen Staat wird der konservative religiöse Dachverband ATIB finanziert. Schmidinger kritisierte, dass die SPÖ völlig widersprüchlich mit türkischen und kurdischen Gruppen aller politischen Richtungen kooperiert. Konflikte zwischen diesen Gruppen resultieren vielfach daraus, dass Konflikte in der Türkei auf Österreich ausgetragen werden. Das Netzwerk plant eine ausführliche Auseinandersetzung mit dieser Thematik bei einem eigenen Seminar.

Braune Esoterik

Höchst interessante Aspekte zeigte Roland Schweidlenka von der Jugendberatungsstelle Logo der steirischen Landesregierung zum Thema „Braune Esoterik“ auf. Er wies darauf hin, dass sich die im 19. Jahrhundert von der Theosophie über die Ariosophie entwickelte Esoterik schon frühzeitig eine Zuordnung von Herren- und Untermenschen beinhaltet und daher von der NS-Bewegung aufgegriffen wurde. Nach 1945 zurückgedrängt ist Esoterik im weitesten Sinne bzw. das Geschäft damit seit den 70er Jahren wieder stark in Mode gekommen ist.

Laut Schweidlenka werden über Esoterik antisemitische, rechtsextreme und Verschwörungstendenzen vermittelt. Besondere Bedeutung hat dabei die von Skandinavien ausgehende und mit der Rechtsrock-Szene verbandelte Black Metal-Szene als Strömung mit rechtsextremer und satanischer Tendenz. Von der Neonazi-Szene erfolgt eine Vereinnahmung der Jugendszene über Musik, Hasstexte, germanische Mythologie und Symbole. Dazu wies Schweidlenka darauf hin, dass über 40 Prozent der Jugendlichen FPÖ bzw. BZÖ gewählt haben. Neonazigruppen funktionieren ähnlich antidemokratisch und autoritär wie religiöse Sekten und esoterische Gruppen mit Abschottung nach außen und einem enormen Gruppendruck im Inneren.

Einen bewegenden Eindruck bei der Konferenz hinterließ der 93-jährige Fritz Inkret aus Leoben, ein Februarkämpfer von 1934, dessen bewegtes Leben vom Autor Walter Kohl in dem Buch „Nacht die nicht enden will“ literarisch niedergeschrieben wurde. In Statements stellten sich sechs Gruppen bei der Konferenz vor: Museum Arbeitswelt Steyr, Verein Ketani, Plattform Bleiberecht, Kinderfreunde, ARGE ToR! Und die Lehrer-Plattform erinnern.at.

Leo Furtlehner

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