Willkommen bei KPÖ Oberösterreich 

Eine magere Bilanz

  • Donnerstag, 10. Juli 2008 @ 08:37
Österreich Gerade eineinhalb Jahre nach ihrem Antritt scheiterte die Neuauflage der rotschwarzen Koalitionsregierung. Sie stand freilich von Anfang an unter keinem guten Stern. Mit einem sehr knappen Vorsprung stellte die SPÖ zwar den Kanzler, das Sagen hatte jedoch die ÖVP. Das wurde ihr auch leicht gemacht, weil die SPÖ bei den Koalitionsverhandlungen auf ihre wesentlichen Wahlversprechen verzichtete und wichtige Schlüsselministerien der ÖVP überließ. Politischer Druck zur Durchsetzung sozialer Verbesserungen wurde nicht gemacht. Damit war der Keim für das Scheitern Gusenbauers als Kanzler gelegt. Der wachsende Druck in seiner eigenen Partei tat ein Übriges. Demgemäß ist die (keineswegs vollständige) Bilanz der Regierung Gusenbauer entsprechend mager:


Arbeitszeit: Mit der Realisierung des Sozialpartner-Vorschlages einer Flexibilisierung, welche die 12-Stunden-Arbeitstage und 60-Stunden-Arbeitswochen ohne Überstundenzuschläge ermöglicht, nahm Österreich die EU-Arbeitszeitrichtlinie vorweg.

Armut: Über eine Million Menschen sind arm oder armutsgefährdet, vielfach trotz Erwerbstätigkeit. Auf der Kehrseite steigt die Zahl der MillionärInnen auf 77.700. Ein Prozent der österreichischen Bevölkerung verfügt über ein Drittel des gesamten Vermögens. Umverteilung war für diese Regierung trotzdem kein Thema.

Asylrecht: Realisiert wurde der Asylgerichtshof. Das unmenschliche Asylrecht mit Schubhaft, Verweigerung von Bleiberecht und Arbeitsmöglichkeit für AsylwerberInnen bleibt, BM Platter und Fekter agierten wie im Fall Arigona ebenso wie ein Großteil der SPÖ als Hardliner, die Regierungsparteien haben faktisch die Forderungen von FPÖ und BZÖ übernommen.

Beschäftigung: Wirksame Maßnahmen zur Schaffung von Vollzeit-Arbeitsplätzen fehlen. Eine hohe Sockelarbeitslosigkeit bleibt trotz Konjunkturaufschwung. Hingegen wurde der Kampf gegen Arbeitslose durch vermehrten Druck des AMS intensiviert.

Bildung: Beim Thema Gesamtschule der bis 14jährigen ging die SPÖ ebenfalls in die Knie – es bleibt bei einzelnen Schulversuchen. Die Umsetzung der Senkung der Klassenschülerhöchstzahlen steht angesichts der Budgetlage in den Sternen.

Budget: Unverdrossen setzte auch diese Regierung auf das Maastricht-Ziel eines Nulldefizits, ohne es zu erreichen. Der Finanzausgleich begünstigt kleine Gemeinden auf Kosten der Großstädte.

EU-Reformvertrag: Die Regierungsparteien haben mit Unterstützung der Grünen den EU-Reformvertrag im Parlament abgenickt. FPÖ und BZÖ, die 2005 noch jede Mitsprache des Souveräns abgelehnt hatten, haben sich aus populistischen Gründen – da nicht in die Regierung eingebunden – für die Einbeziehung der Bevölkerung ausgesprochen.

Eurofighter: Es bleibt beim unsinnigen Ankauf – trotz vollmundiger gegenteiliger Ankündigungen von Gusenbauer im NR-Wahlkampf 2006. Eine parlamentarische Chance im Oktober 2006 den Ankauf zu stornieren wird von der SPÖ nicht genützt. Rund 5,6 Milliarden Euro, die im Sozialbereich fehlen.

Familienpolitik: Die Flexibilisierung des Kindergeldes brachte die Wahl zwischen drei Varianten des Bezugs. Erst verspätet beteiligten sich alle Bundesländer an der Einigung für den Ausbau von Kindergärten. Der „Papa-Monat“ blieb nur Forderung.

Familienrechtsreform: Umstritten ist die verpflichtende Beratung vor Scheidungen. Eine Eintragung von Partnerschaftskontrakten beim Standesamt wurde von der ÖVP blockiert.

Gesundheit: Die Beiträge für die Krankenversicherungen wurden um 0,15 Prozent erhöht, die Rezeptgebühren gedeckelt. Die Gesundheitsreform auf Vorschlag der Sozialpartner scheitert. Eine Wertschöpfungsabgabe und die Eintreibung der Beitragsschulden der Unternehmen von fast einer Milliarde Euro war für diese Regierung kein Thema.

Grundsicherung: aufgeschoben ist die sogenannte bedarfsorientierte Grundsicherung, eine österreichische Variante von Hartz IV anstelle der bisherigen Sozialhilfe.

Klimaschutz: Zur ersten Regierungsklausur in Linz fuhr die Regierung demonstrativ mit dem Zug, die leeren Dienstautos fuhren hinterher.

Ladenöffnungszeiten: Mit der Ausweitung auf 72 Stunden wächst der Druck auf die Beschäftigten im Handel. Die Forderungen nach Sonntagsöffnung häufen sich, die EM2008 war ein Testversuch, wenngleich die KäuferInnen ausblieben.

Lehrlinge: Mit der Aufweichung des Kündigungsschutz gab es eine deutliche Verschlechterung. Die Defizite der Berufsausbildung wurden jedoch nicht beseitigt.

Pensionen: Die Verschlechterungen der schwarzblau/orangen Regierung blieben aufrecht. Die Ausgleichszulage wurde um lächerliche 21 Euro pro Monat auf 747 Euro erhöht. Die „Sonderdotierung“ bei der Pensionserhöhung wurde umgehend von der Teuerung aufgefressen. Die geplante Pensionsautomatik wurde vorläufig gestoppt, im Gegenzug auch eine Verlängerung der Hacklerregelung und die Frühpension für Langzeitversicherte.

Pflege: Ein Übereinkommen, welches keine wirklich nachhaltigen Verbesserungen für die Betroffenen bringt, wurde beschlossen. Das Pflegegeld wurde trotz Wertverlust von fast 30 Prozent seit 1993 nicht erhöht. Ein Streitpunkt ist weiter die Amnestie für illegale Pflege, unrealisiert blieben auch Pflegefonds und Pflegeversicherung.

Privatisierung: Die Beteiligung eines Scheichs an der AUA scheiterte, die Privatisierung wird aber weiter forciert. Molterer und Faymann äußerten sich wiederholt positiv für eine Privatisierung von Teilen der ÖBB. Rund 5.000 Bedienstete von Post und Telekom sollen in einen Beamten-Pool der ÖIAG verlagert werden um die Personalkosten der teilprivatisierten Unternehmen zu entlasten. Millionenschwer wurde das von der schwarzblau/orangen Regierung eingesetzte Management von ASFINAG und ÖBB abgefertigt.

Rauchverbot: Die prinzipielle Einigung ist zwar gelungen, offen sind Schutzmaßnahmen für Bedienstete in Raucherlokalen.

Steuern: Die Mineralölsteuer für Diesel und Benzin wurde für die Budgetsanierung erhöht. 76,6 Prozent der Steuereinnahmen der Republik kamen 2007 bereits aus Massensteuern. Im Gegenzug wurde die Erbschafts- und Schenkungssteuer abgeschafft und den Stiftungen ein weiteres Steuergeschenk gemacht. Höheres Pendlerpauschale und Kilometergeld und Senkung der Arbeitslosenversicherungsbeiträge bei Niedrigeinkommen sind kein Ausgleich für eine längst fällige Steuerreform, die angesichts der Neuwahl wohl auf 2013 verschoben ist. Eine Vermögenszuwachssteuer scheiterte am Widerstand der ÖVP.

Studiengebühren. Die unsozialen Gebühren bleiben erhalten, Gusenbauers Modell, die Gebühren durch Nachhilfe abzuarbeiten wurde nie realisiert.

Teuerung: Hier hat die Regierung völlig versagt, amtliche Preisregelung war für sie ein Fremdwort.

Überwachung: Einig war sich die Koalition bei der Ausweitung der Polizeibefugnisse, Reisepässe mit Fingerabdruck kommen demnächst, verstärkte Videoüberwachung im öffentlichen Raum und Handyortung sind legalisiert, aufgeschoben sind Sexualstraftäterdatei und Onlineüberwachung.

Universitäten: Unerledigt bleibt auch die Novelle zum Universitätsorganisationsgesetz.

Verfassungsreform: Diese wird seit 2003 verhandelt, die Regierung konnte ihre Zweidrittel-Mehrheit im Parlament nicht nützen um das „Herzstück der Regierungsarbeit“ (Gusenbauer) zu realisieren, der Widerstand der Länder war zu groß, die Arbeitsgruppe stellte ihre Arbeit ein.

Wahlrecht: Beschlossen wurde ein neues Wahlrecht – künftig wird nur mehr alle fünf Jahre gewählt. Wahlrecht mit 16 und Briefwahl gleichen diese Verschlechterung nicht aus.

Themen