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Die Gemeinden und der EU-Vertrag

  • Sonntag, 27. Januar 2008 @ 15:21
Kommunal Von Leo Furtlehner

Zu diesem Thema gilt es zwei Aspekte zu behandeln, nämlich erstens die Auswirkungen des EU-Vertrages auf die Gemeinden und zweitens Handlungsmöglichkeiten auf kommunaler Ebene.

Die offizielle Politik lobhudelt in Bezug auf den EU-Vertrag gegenüber den Gemeinden. So meinte Außenministerin Plassnik „Europa fängt zuhause an. Die Gemeinden sind eine wichtige Grundlage der EU“ und kündigte ein Informationspaket für BürgermeisterInnen zum Ratifizierungsprozess an. Das macht einerseits das Bemühen der Regierung deutlich möglichst viele Bereiche in ihre Haltung einer Ratifizierung ohne Volksabstimmung einzubinden deutlich, zeigt aber auch die offenbar vorhandene Brisanz des Vertrages auf der kommunalen Ebene.

Generell wird von Regierung, Parlament, EU-Abgeordneten, Städte- und Gemeindebund der EU-Vertrag auch für Gemeinden als Fortschritt interpretiert. Dabei berufen sich die VerteidigerInnen des Vertrages auf folgende Punkte:
- die Verankerung „regionaler und kommunaler Selbstverwaltung“ im EU-Vertrag,
- das Subsidiaritätsprinzip, demzufolge alles was nicht auf EU-Ebene geregelt ist, anderen Gebietskörperschaften vorbehalten bleibt,
- eine bescheidene Aufwertung des Ausschuss der Regionen als Vertretung von Regionen und Gemeinden und
- die Kohäsionspolitik, also das Bestreben nach Angleichung der Unterschiede zwischen den EU-Regionen, wozu jetzt sogar eine eigene Konferenz in Sevilla stattfindet.

Ignoriert wird dabei freilich, dass alle diese Aspekte durch andere Faktoren unterlaufen bzw. aufgehoben werden. Das gilt generell für die Verankerung von Militarisierung und neoliberaler Wirtschafts- und Finanzpolitik im Vertrag mit daraus folgernden Auswirkungen auf zahlreiche Bereiche, darunter auch auf die Gemeinden. Der Vorrang der Preisstabilität und die Rolle der EZB als Hüter des Euro, der Grundsatz der offenen Marktwirtschaft, der freie Wettbewerb, die Niederlassungsfreiheit und generell die vier Grundfreiheiten sind konkreter Ausdruck davon.

Schließlich zwingen die Maastricht-Kriterien und der Euro-Stabilitätspakt auch Gemeinden zu einer restriktiven Budgetpolitik mit dem Ziel einen Überschuss auszuweisen. Die Auswirkungen davon sind ein Rückgang kommunaler Investitionen, Tariferhöhungen, Ausgliederungen und Privatisierung kommunaler Leistungen und Eigentums, Fremdfinanzierung durch das (mittlerweile durch eine Änderung der US-Steuergesetzgebung nicht mehr mögliche) Cross-Border-Leasing oder aktuell durch das massiv forcierte PPP (Private Public Partnership) zur Finanzierung öffentlicher Projekte. Die Gemeinden verstehen sich zunehmend als Unternehmen, BürgerInnen werden als KundInnen verstanden, Personalaufwand wird in Sachaufwand umgewandelt.

Damit verbunden wird die politische Gestaltungsmöglichkeit zunehmend geringer, die Gemeinden können immer stärker nur mehr als Nachvollzugsorgan übergeordneter Ebenen agieren. Gleichzeitig zwingen die auch mit Zustimmung der österreichischen Regierung beschlossenen EU-Liberalisierungsrichtlinien zur Öffnung kommunaler Dienste, womit die Tür zur Privatisierung kommunalen Eigentums aufgemacht wird.

Kommunale Autonomie hängt jedoch zwangsläufig immer wesentlich mit Finanzen und Eigentum zusammen, werden diese angegriffen, leidet darunter auch die Autonomie. Die Entwicklungsunterschiede zwischen den EU-Regionen haben sich durch die neoliberale monetaristische Politik nicht verringert, sondern verstärkt, es zeigt sich ein zunehmendes Auseinanderklaffen von Zentren und Peripherie sowohl in der gesamten EU als auch innerhalb der einzelnen Mitgliedsländer, wobei noch anzumerken ist, dass die eigentlichen Nutznießer letztlich nur eine kleine Minderheit sind, während sich für eine große Mehrheit der Bevölkerung die Lage im Zuge des allgemeinen Umverteilungsprozesses zugunsten von Kapital und Vermögen verschlechtert.

Im Zuge der 2005 auch in Österreich stattgefundenen Debatte über die dann gescheiterte EU-Verfassung gab es nur von einer einzigen Gemeinde, nämlich Attnang-Puchheim einen Gemeinderatsbeschluss mit der Forderung nach einer Volksabstimmung. Diese wurde auf Antrag der KPÖ von allen Fraktionen beschlossen. In Graz wurde eine ähnliche von der KPÖ eingebrachte Resolution von den anderen Parteien abgelehnt.

Im Herbst 2007 wurden Anträge von KPÖ und Grünen für eine Volksabstimmung im steirischen Landtag von SPÖ und ÖVP abgelehnt, ein ähnlicher SPÖ-Antrag im oö Landtag wurde von ÖVP und Grünen niedergestimmt. Mittlerweile fassten jedoch die Gemeinderäte von Neumarkt im Mühlkreis (dort sogar mit Zustimmung der meisten ÖVP-MandatarInnen), Feldkirchen an der Donau und Leonding Beschlüsse in welchen Regierung und Parlament aufgefordert werden eine Volksabstimmung über den EU-Vertrag durchzuführen. In Ottensheim steht ein ähnlicher Antrag im Februar auf der Tagesordnung. In Graz hingegen wurde ein KPÖ-Antrag zwar von den Grünen unterstützt, aber von den Großparteien abgelehnt.

Die Gemeinden sind ein wichtiger Sektor um Widerstand gegen den EU-Vertrag zu entwickeln und der Forderung nach einem Referendum Nachdruck zu verleihen. Ein guter Ansatzpunkt dafür ist in Oberösterreich vorhanden, wo sich SPÖ-Chef Erich Haider schon mehrmals für eine Volksabstimmung ausgesprochen hat und im Zusammenhang mit der Debatte über eine BürgerInnenbefragung zum Börsegang der Energie AG eine allgemein günstige Stimmung für ein Referendum vorhanden ist.

Durch gezielte Kontakte insbesondere in SPÖ-dominierten Gemeinden bzw. über SPÖ-GemeinderätInnen sind sicher Möglichkeiten vorhanden, dass Resolutionen für eine Volksabstimmung diskutiert und beschlossen werden. Als eine weitere Möglichkeit könnte auch diskutiert werden, je nach den Möglichkeiten der Gemeindeordnung der einzelnen Bundesländer, kommunale BürgerInnenbefragung über den EU-Vertrag bzw. eine Volksabstimmung darüber durchzuführen. Ein Beispiel dafür könnten Referenden über den Vertrag in britischen Wahlkreisen sein. Auch die Konfrontation regionaler Abgeordneter von Nationalrat und Bundesrat ist eine Möglichkeit kommunaler Aktivitäten zum EU-Vertrag.

Input von Leo Furtlehner beim Arbeitskreis Gemeinden bei der Aktionskonferenz zum EU-Vertrag am 28. Jänner 2007 in Linz

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