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SPÖ hätschelt „konstruktive“ blaue Koalitionsoption

  • Mittwoch, 19. Dezember 2007 @ 16:41
Österreich „Es ist einfach schade, dass die Strache-FPÖ als Opposition keinen konstruktiven Beitrag für das Land leisten will“, kritisierte SPÖ-Bundesgeschäftsführer Josef Kalina den Auftritt von FPÖ-Chef Strache in der ORF-„Pressestunde“. Solches Bedauern lässt aufhorchen. Man könnte schließlich meinen, dass sich Strache zur Genüge selbst disqualifiziert hat und man ihn getrost rechts liegen lassen und möglichst nicht an seiner braungefleckten Partei anstreifen sollte.

Wenn nun aber Kalina als „His Masters Voice“ so überschwänglich bedauert, dass man leider, leider mit diesem Strache nicht zusammenarbeiten könne, dann steckt dahinter unübersehbar das Kalkül, dass sich die Sozialdemokratie „ohne ideologische Skrupel“ („Die Presse“, 26.9.2007) eben diese FPÖ als „konstruktiven“ Partner für künftige Koalitionen warmhalten will. Dass sich Strache im Fall Zogaj wie der Asylpolitik insgesamt ebenso wie das BZÖ ohnehin voll auf Regierungslinie befindet, verdrängt Kalina hingegen geschickt. Schließlich will man die Verantwortung dafür ausschließlich dem schwarzen Innenminister als Buhmann aufhalsen um gegenüber kritischen Geistern in- und außerhalb der Sozialdemokratie zu verdrängen, dass die SPÖ mit im Boot einer inhumanen Asylpolitik sitzt.

EU-Kritik ins rechte Eck gestellt

Was Kalina stört ist eigentlich nur die Aversion der FPÖ gegen die EU bis hin zu Austrittsandrohungen Straches. Dass diese letztlich nach dem Motto „Dort die böse EU, hier das brave Österreich“ nur fremdenfeindlich motiviert ist schließt aber wiederum den Kreis zum Konsens jener etablierten Politik, die sich in der gemeinsamen Haltung zu Asyl und Migration manifestiert und deren VertreterInnen ansonsten auch in Wien gerne anders sprechen als in Brüssel. Wenn sich ÖVP und SPÖ (mit den Grünen im Schlepptau) gleichermaßen gegen eine Volksabstimmung über den EU-Vertrag wehren, es damit den Demagogen von FPÖ und BZÖ ermöglichen sich als Demokraten aufzuspielen und letztlich jede EU-Kritik ins rechte Eck stellen wollen, dann passt das durchaus harmonisch zu einer Strategie der etablierten Politik, deren Kern eine zunehmende Austauschbarkeit der einem neoliberalen Grundkonsens verpflichteten Parlamentsparteien ist.

Ariel Muzicant, Präsident der Israelitischen Kultusgemeinde, hatte kürzlich verlangt, die Parteien sollten um die FPÖ – die hierzulande Stimmung gegen den Islamismus macht, gleichzeitig aber mit den antisemitischen islamischen Fundamentalisten in Teheran und anderswo kooperiert – einen „hygienischen Gürtel“ legen. Eine solche klare Abgrenzung aller demokratischen und sich dem antifaschistischen Grundkonsens der 2. Republik verpflichteten politischen Kräfte gegenüber der Strache-FPÖ ist durchaus legitim.

Die von Muzicant kritisierte feige Haltung und mangelnde Distanzierung der Parteien von der Strache-FPÖ ist freilich ein politisches Sittenbild des Landes. Etwa wenn Kanzler Alfred Gusenbauer Straches Wehrsport-Fotos als „Jugendsünden“ abtut oder SPÖ-Klubchef Josef Cap – der sich laut „Die Presse“ mit seinem FPÖ-Klubobmannskollegen Strache „auffallend gut versteht“ und sich „demonstrativ mit dem FPÖ-Obmann sehen“ lässt – meint, Strache solle endlich die Karten auf den Tisch legen: Ganz so als ob nicht ohnehin schon genug über die zweifelhaften Aktivitäten dieses Herren bekannt sei.

Anpassung an den „Stammtisch“

Es ist ganz offensichtlich, dass sich ÖVP wie SPÖ gleichermaßen die FPÖ als möglichen Koalitionspartner warmhalten wollen und daher keine wirkliche Auseinandersetzung mit dieser Partei führen, sondern im Gegenteil ihre jeweilige Partei und ihre Politik dem Niveau der „Stammtisch“-Politik zunehmend anpassen. Das wird insbesondere in der Asylpolitik, etwa an der Handlungsweise von Innenminister Platter deutlich, der ganz unverhüllt die rassistischen Vorurteile bedient und FPÖ wie BZÖ scharfe Konkurrenz macht. Da muss die SPÖ vorläufig passen, solche Querverbinder zur FPÖ wie die seinerzeitigen Innenminister Schlögl oder Löschnak hat sie derzeit nicht aufzubieten.

Die SPÖ distanzierte sich nur halbherzig vom „Angebot“ der beiden FPÖ-Generalsekretäre Kickl und Vilimsky, die FPÖ könnte nach der nächsten Wahl in Oberösterreich SPÖ-Chef Erich Haider – der in punkto Kriminalitätsbekämpfung mit dem Ruf nach mehr Polizei und unterschwelliger Bedienung der unterschwelligen Ängste vor Ausländerkriminalität bei jeder monatlichen Veröffentlichung des Sicherheitsberichts ständig mit der FPÖ wetteifert – zum Landeshauptmann wählen.

Eine „Fleißaufgabe“ bei der Anbiederung an Rechtsaußen war auch ein Grußschreiben der SPÖ-dominierten Wiener Arbeiterkammer an das die vom rechtslastigen FPÖ-Europaabgeordneten Andreas Mölzer herausgegebene Wochenzeitung „Zur Zeit“ anlässlich deren zehnjährigen Bestehen. Vor allem weil einer der Festredner bei diesem Jubiläum der bekannte Rechtsextreme Anwalt Herbert Schaller, Verteidiger des wegen NS-Widerbetätigung verurteilten David Irving, nach wie vor meint, es gebe „keinen Sachbeweis“ für die Gaskammern der Nazis.

Rechte Brachialpolitik

Die Entwicklung der letzten Monate macht die anhaltenden tiefen Verstrickungen der FPÖ mit der rechtsextremen Szene ebenso deutlich wie ihre erklärte Absicht in Fortsetzung der Wahlkämpfe der letzten Jahre eine fremdenfeindliche und rassistische Brachialpolitik zum Maßstab zu machen, wobei letzteres genauso auf die FPÖ-Abspaltung BZÖ zutrifft. Als Beispiele für letzteres können etwa die rassistischen Äußerungen der Grazer FPÖ-Spitzenkandidatin Winter über Afrikaner oder auch der Anspruch des BZÖ „Wir säubern Graz – mit Besen und Kärcher“ angeführt werden.

Bekannt ist mittlerweile auch hinreichend, dass zwischen der FPÖ-Jugendorganisation Ring Freiheitlicher Jugend und dem neonazistischen Bund Freier Jugend intensive personelle Querverbindungen bestehen, die sich insofern ausweiten als RFJ-Mitglieder bei einer Serie von Brandstiftungen im Innviertel ebenso involviert waren wie dass beim randalierenden und mit Hitlergruß am Nürnberger Reichsparteitagsgelände posierenden LASK-Fanklub bekannte BFJ-Aktivisten gesichtet wurden. Das Verfahren wurde jetzt von der Linzer Staatsanwaltschaft eingestellt.

So gesehen ist es schon fast sensationell, dass angesichts dieser Verfilzungen in der von einem SPÖ-Landeshauptmann geführten Steiermark dem RFJ alle öffentlichen Subventionen gestrichen wurden. Ähnliches gilt für den FPÖ-nahen Österreichischen Turnerbund, der sich bis heute nicht von seinem Idol, dem rassistischen „Turnvater“ Friedrich Ludwig Jahn lösen konnte und dem in Oberösterreich durch ein Veto der Grünen die Subventionen des Landes blockiert wurden. Im Bund, den Ländern und Gemeinden wo die SPÖ das Sagen hat, ist von solchen Maßnahmen hingegen keine Rede. Ein eindeutiger SPÖ-Parteitagsbeschluß aus dem Jahr 1995 wird von SPÖ-Bürgermeistern nicht einmal ignoriert. Da beruft sich etwa der Linzer Bürgermeister Dobusch darauf, dass ohnehin nur der Turnbetrieb des ÖTB gefördert würde, als ob man diesen von der politischen Grundhaltung trennen könnte.

Bei Kreisky gelernt

Kalinas Sager hat also durchaus Methode. Ihm und seinem Chef Kanzler Gusenbauer geht es darum, die Leute daran zu gewöhnen, „dass es nicht anstößig ist, wenn sich ein Sozialdemokrat mit einem FPÖler einlässt“ („Die Presse“). Nur die wenigen ganz linken Sozialdemokraten halten eine rotblaue Koalition für „politisch oder moralisch anstößig“.

Bei aller Kreisky-Verehrung und Nostalgie auf die 70er Jahre darf schließlich nicht vergessen werden, dass dieser 1970 die FPÖ als Unterstützer einer Minderheitsregierung anheuerte und mit einer Wahlrechtsreform belohnte, einige „Ehemalige“ in sein Kabinett holte und gegen Simon Wiesenthal eine scharfe Kontroverse führte. Eine Neuauflage erfolgte von 1983 bis 1986, wobei freilich die FPÖ bei allem rechtsextremen Bodensatz vergleichsweise seriöser war als heute. Die „tiefen historischen Wurzeln“ für eine solche Koalition sind der Deutschnationalismus, für den Burschenschafterflügel der FPÖ immer schon Generallinie, in der Sozialdemokratie historisch bis in die heutige Zeit nachwirkend.

Und es ist auch die Ideologie des „kleinen Mannes“, die verbindet. So äußerte Kanzler Gusenbauer auch auffallendes Verständnis dafür, dass sich der Sozialdemokrat Fico in der benachbarten Slowakei eine rechtsradikale Partei in die Regierung holte und weigerte sich einer Verurteilung durch die europäische Sozialdemokratie zuzustimmen, wie die Bertelsmann-Stiftung feststellt.

Für den „pragmatischen und vorwiegend an Machtfragen orientierten“ SPÖ-Vorsitzenden Gusenbauer ist die FPÖ nichts anderes als ein Joker, den er bei passender Gelegenheit gegen den ungeliebten Koalitionspartner ÖVP ausspielen möchte. Dass sich die beiden Regierungsparteien im Gefolge der Wiedererstarkung der FPÖ bei der letzten Nationalratswahl und dem Einzug deren BZÖ-Abspaltung ins Parlament von den beiden Rechtsaußenparteien in punkto Fremdenfeindlichkeit vor sich her treiben lassen, wird ihren Spitzenleuten nicht einmal mehr bewusst. Umso mehr sind grundsätzliche Haltungen gefragt. Denn prinzipienloses Taktieren gibt es schon mehr als genügend…

Leo Furtlehner

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