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Diese Säule ist besetzt!

  • Freitag, 19. Oktober 2007 @ 08:24
Kultur Die Aktion: am 19.10.2007 haben 10 AktivistInnen der KAPU, gekleidet in Bauarbeiter-Anzüge, unangemeldet die privatisierte und verglaste Litfasssäule einer privaten Werbefirma am Linzer Hauptplatz besetzt. Rund um die bestehende Litfaßsäule wurde eine zweite, hölzerne Säule hochgezogen. Anschließend haben wir die neue Plakatsäule mit Plakaten von anstehenden Aktionen und Veranstaltungen von Initiativen der freien Szene (STWST, Schl8hof, Treibsand, MAIZ, Ann&Pat, KAPU) zugeklebt, zusätzlich als eine Art Bekennerschreiben auch einen optisch auffälligen und großflächiger Infotext zur unserer Aktion und deren Hintergründe affichiert.

Wir brauchten für diese Aktion ca. 20 Minuten. Begleitet wurden wir von einigen vorab informierten JournalistInnen von Mainstream-Medien und von freien Medien.

Vorgeschichte und Anlass: im Jahr 2005 privatisierte die Stadt Linz die öffentlichen Litfaßsäulen im Linzer Stadtzentrum. Anlass war der angebliche Wildwucher von Plakaten und die Beschwerden kommerzieller Veranstalter, die sich durch freie Initiativen, die kurzfristig ihre Veranstaltungen und Aktionen via Plakate ankündigten, in ihrem Geschäft bedroht sahen. Seitdem hat freie Kultur keine Möglichkeit mehr zur Veranstaltungankündigung im öffentlichen Raum des Linzer Zentrums; 2005 vergab die Stadt Linz also ihre Plakatsäulen an eine private Firma, die diese Säulen durch Glaswände vor fremden Plakaten schützt und für zahlungskräftige Kunden deren Plakate affichiert.

Die Stadt Linz und die Werbefirma boten den Linzer Initiativen an, Plakate kostenlos plakatieren zu lassen ein wohlklingendes Angebot, dass sich in der Praxis aber als Befriedungsaktion entpuppte: die Auflagen der Firma sind in der Regel nicht zu erfüllen (vor allem die mehrwöchige Anmeldefrist ist für die kurzfristig agierenden Initiativen in der Praxis nicht einhaltbar) und wenn freie Kulturvereine es doch schaffen, werden deren Poster in der Regel am Stadtrand, aber kaum bis gar nicht im Zentrum plakatiert.

Das Linzer Zentrum bietet also keine Plakatmöglichkeiten mehr für freie Initiativen (deren Dynamik oftmals im schnellen und kurzfristigen Handeln und Reagieren besteht), lediglich kapitalstarke und kommerzielle Kulturveranstalter können ihr Kulturprogramm dort veröffentlichen. Der öffentliche Raum im Linzer Zentrum wurde privatisiert und von freier Kultur bereinigt und durchaus im Rahmen anderer städteplanerischer Aktivitäten vor dem Kulturhauptstadtjahr präpariert für glatte, kommerzielle Massenkultur ohne Ecken und Kanten.

Die Idee: Die Aktion wurde durchgeführt, um dem Problem der zunehmenden Privatisierung des öffentlichen Raumes und der Verdrängung von unerwünschten Gruppen aus demselben Nachdruck zu verleihen. Ziel ist es, eine öffentliche Diskussion über die Nutzung und Verwertung öffentlichen Raumes anzuzetteln. Konkret geht es natürlich auch um die Schaffung von Plakatiermöglichkeiten für freie Initiativen und ihre Aktionen, die geschützt sind vor dem Zugriff professioneller Plakatierer, die im Auftrag der Großveranstalter arbeiten.

Wir sind uns der potentiellen Kriminalisierung unseres Projektes bewusst, sehen dieses aber als notwendige Kunst- und Politaktion, um ein gesamtgesellschaftlich relevantes Problem zu thematisieren. Wir nehmen die Kriminalisierung und ihre Folgen in Kauf und erhoffen uns im Gegenzug eine mediale und öffentliche Aufmerksamkeit für freie Kunst- und Kulturarbeit, für den gegenwärtigen Mediendiskurs (auch Poster sind Medien!) und für den Umgang mit öffentlichem, urbanem Raum.

Wir verlangen von einer angehenden Kulturhauptstadt, dass sie auch und gerade im Zentrum unbequeme Kultur- und Lebensformen zulässt und die Peripherisierung kommerziell nicht verwertbarer Kultur- und Lebensformen stoppt und dieser entgegenwirkt.

Die Aktion wurde lustigerweise gefördert durch das Land Oberösterreich im Rahmen des KUPF-Innovationstopfes 2007. Wir danken für die freundliche Unterstützung!

Quelle: www.kapu.or.at/platz

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