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EU-Reformvertrag: "Alter Brief in neuem Umschlag"

  • Dienstag, 18. September 2007 @ 09:50
Europa „Das Volk hat das Vertrauen der Regierung verscherzt. Wäre es da nicht doch einfacher, die Regierung löste das Volk auf und wählte ein anderes?"(Bert Brecht) Nach der Ablehnung der EU-Verfassung bei den Volksabstimmungen hat sich die Bevölkerung das Vertrauen der Machthaber gründlich verscherzt.

Da die Auflösung des Volkes nicht so leicht geht, haben sich die EU-Regierungen für dessen Verhöhnung entschieden. Giscard d´Estaing, als EU-Konventspräsident Architekt der EU-Verfassung, macht daraus kein Hehl: Der nun vorliegende „EU-Reformvertrag" weise bloß „kosmetischen Änderungen" auf, die nur deshalb vorgenommen worden seien, damit der Vertrag nicht mehr aussehe wie die Verfassung, um so „leichter zu schlucken" und „Referenden zu umgehen" seien. Man habe „nur den Umschlag gewechselt. Der Brief im Innern des Umschlags ist nach wie vor der gleiche".

Die österreichischen Machteliten spielen bei dieser Machtarroganz voll mit. So wie schon 2005 der Bevölkerung eine Volksabstimmung über die EU-Verfassung verweigert worden ist, soll auch jetzt den Menschen das Recht genommen werden, selbst zu entscheiden. Dabei schreibt die österreichische Verfassung eine Volksabstimmung zwingend vor, wenn es zu einer Gesamtänderung der Verfassung kommt.

Angesichts des neuen EU-Vertrages, der den Vorrang von EU-Recht festschreibt und eine Kriegserklärung gegenüber dem Friedensgebot der Neutralität darstellt (Aufrüstungspflicht, militärische Beistandsverpflichtung, Ermächtigung zu weltweiten Militäreinsätzen, usw.), stellt die Verweigerung einer Volksabstimmung Verfassungsbruch dar. Wir rufen daher auf, beiliegenden Offenen Brief an die Nationalratsabgeordneten zu unterstützen:

Offener Brief an alle Nationalratsabgeordnete
Für eine Volksabstimmung über den neuen EU-Vertrag!

Sehr geehrte Frau NR-Abgeordnete, sehr geehrter Herr NR-Abgeordneter,

derzeit werden im Rahmen einer EU-Regierungskonferenz die Verträge der EU neu verhandelt. Mit diesem Vertrag soll Österreich den - mit wenigen kosmetischen Änderungen versehenen - Regelungen des 2005 gescheiterten Verfassungsvertrags unterworfen werden.

Diese Regelungen umfassen eine Aufrüstungsverpflichtung, die Teilnahme an einer EU-Rüstungsagentur, eine militärische Beistandsverpflichtung, die Selbstermächtigung bei Militärinterventionen auch ohne Mandat des UN-Sicherheitsrates, die Einrichtung eines militärischen Kerneuropas und die Privilegierung der Atomindustrie. Festgeschrieben wird das Prinzip einer offenen Marktwirtschaft mit ungezügeltem Wettbewerb und somit der Druck zur Privatisierung öffentlicher Dienste und die Europäische Zentralbank als demokratiefreier Raum. Dem österreichischen Nationalrat werden weitgehende Kompetenzen - insbesondere in der Außen-, Sicherheits- und Wirtschaftspolitik - entzogen und Gremien (EU-Rat und Ministerrat) übertragen, die demokratisch nicht mehr kontrolliert werden können. Diese Regelungen bedeuten einen grundlegenden Bruch im Verfassungsrecht und in der Rechtstradition der II. Republik. Sie sind deshalb zwingend einer Volksabstimmung zu unterwerfen.

Das österreichische Parlament hat bereits im Mai 2005 den EU-Verfassungsvertrag rechtswidrig ohne Volksabstimmung ratifiziert. Die Bundesregierung interpretiert diesen Akt als Freibrief für die Verhandlungen bei der Regierungskonferenz und plant den darauf aufbauenden neuen Vertrag ohne öffentliche Debatte und ohne Volksabstimmung über die Bühne zu bringen. Nicht in meinem Namen.

Ich fordere Sie deshalb auf, eine Volksabstimmung über die neuen EU-Verträge zu beschließen.

Unterstützen Sie diesen Offenen Briefs auf http://www.werkstatt.or.at/Forum/VolksabstimmungEUVertrag.php

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