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Goldgrube Lärmschutzwände

  • Mittwoch, 18. November 2009 @ 08:00
Umwelt Ein „Umdenken bei Lärmschutzwänden“ kündigte jetzt Baureferent LHStv. Franz Hiesl (ÖVP) an um den Wildwuchs entlang der Autobahnen usw. zu stoppen. Gleichzeitig gesteht er damit freilich das generelle Versagen der Raumordnung ein, weil es Landtag und Landesregierung verabsäumt haben zu verhindern, dass Wohnhäuser seit Jahrzehnten viel zu nahe an Autobahnen oder Schnellstraßen errichtet wurden und werden – und dann mehr oder weniger geschmacklose Lärmschutzwände geschützt werden sollen.

Derzeit müssen Wohnobjekte acht bis 15 Meter von Bundesstraßen und 40 Meter von Autobahnen entfernt sein. Spät aber doch hat der begnadete Betonierer Hiesl zudem entdeckt, dass Rettung und Feuerwehr zunehmend klagen, durch die Einkastelung von Autobahnen und Schnellstraßen bei Einsätzen behindert zu werden und AutofahrerInnen über den wachsenden Tunnelblick-Effekt klagen, den Hiesls langjähriger Widerpart, der frühere SPÖ-Chef Erich Haider freilich mit der Forderung nach „Einhausungen“ ins Extrem steigern wollte.

Bereits 430 der 1.677 österreichweit vorhandenen Kilometer Autobahn sind durch bis zu acht Meter hohe Lärmschutzwände aus Holz, Aluminium oder Beton „eingehaust“, allein auf der Westautobahn wurden zwischen Wien und Salzburg 150 der 300 Autobahnkilometer auf diese Weise „verschönert“. Die Herabsetzung der Lärmgrenzwerte an Autobahnen von 65/55 (Tag/Nacht) auf 60/50 und bei Neubauten sogar auf 55/45 Dezibel bedeutet praktisch eine Halbierung der zulässigen Höchstbelastung.

Mit einer Verordnung des damaligen Wirtschaftsministers Johannes Farnleitner (ÖVP) wurde 1999 für einige Baufirmen eine regelrechte Goldgrube geschaffen: Ein Quadratmeter Lärmschutzwand kostet rund 150 Euro. Die Folge sind explodierende Kosten und „Lärmschutz für Felder, Hasen und Rehe“ (LHStv. Franz Hiesl). Mit Recht fragen sich Anrainer an stark befahrenen Straßen im Stadtgebiet über den Sinn dieser Ungleichbehandlung. In Deutschland und anderen EU-Ländern reichen hingegen nach wie vor 65/55 Dezibel an Autobahnen völlig aus, im gut zehnmal so langen deutschen Autobahnnetz gibt es gerade 2.194 Kilometer Lärmschutzbauten.

Im Jahre 2006 gab die ASFINAG satte 411 Millionen Euro für Lärmschutzmaßnahmen an Autobahnen (davon 111 Millionen für Lärmschutzwände, 300 Millionen für Tunnels und Einhausungen) aus. Das sind mehr als die gesamten Einnahmen der Autobahnvignette von 324 Millionen Euro. Angesichts eines bis 2015 auf 15 Milliarden Euro wachsenden Schuldenberges der ASFINAG bedeuten die von 2000 bis 2006 auf das siebenfache gestiegenen Kosten für diese fragwürdige Art von Lärmschutz ein Fass ohne Boden, aus dem sich eine kleine Gruppe von Bauunternehmen kräftig bedient.

Mittlerweile wächst die Kritik an diesen fragwürdigen Maßnahmen. Tourismusmanager beklagen, dass die schönsten Landschaften hinter fragwürdig dekorativ gestalteten Lärmschutzwänden versteckt werden. Exekutive und Zivilschutz kritisieren, dass die sündteuren Wände durch den entstehenden Tunneleffekt auf Kosten der Sicherheit gehen. Planer wie zuletzt Architekt Wilhelm Holzbauer und Architektenkammerpräsident Andreas Gobiet kritisieren die katastrophale Ästhetik der Lärmschutzwände.

Wie der Verkehrsclub Österreichs (VCÖ) feststellt, macht Verkehrslärm krank und verursacht Kosten von fast zwei Milliarden Euro im Jahr. Fast fünf Millionen Menschen leben in einer Wohngegend, wo der Verkehrslärm über den Empfehlungen der Weltgesundheitsorganisation WHO liegt, 1,5 Millionen Menschen empfinden den Verkehrslärm als unerträglich. Laute Straßen erhöhen das Herzinfarktrisiko um bis zu 20 Prozent. Der Verkehrslärm entlang der Autobahnen ist angesichts dieser Dimensionen nur ein Minderheitenprogramm.

Für eine wirksame Eindämmung ist allerdings das Einhütteln von Autobahnen der falsche Ansatz. Wahrscheinlich wäre eine entsprechend dichte Naturbepflanzung mit Bäumen und Sträuchern nicht nur billiger und natürlicher, sondern auch effektiver als die Monster aus Beton, Metall oder Holz. Laut Studien wird das Gros des Lärms von LKWs verursacht, ein LKW verursacht mehr Lärm als sechs PKWs. Bezeichnenderweise sind aber 85 Prozent der LKWs vom generellen Nachtfahrverbot ausgenommen. Und vier von zehn LKW-Fahrten sind Leerfahrten ohne Frachtgut.

Eine flächendeckende LKW-Maut und zwingende Verlagerung von Gütertransit auf die Bahn nach dem Beispiel der Schweiz ist daher im Sinne der Kostenwahrheit auch für die Reduzierung des Autobahnlärms eine vorrangige Maßnahme. Dazu kommen technische Maßnahmen wie lärmarme Reifen, ist doch bei hoher Geschwindigkeit der Lärm vom Abrieb der Reifen auf dem Asphalt weit belastender als der Lärm der Motoren.

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