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Erfolgreiches 6. Netzwerk-Treffen in Wels

  • Samstag, 14. Oktober 2006 @ 20:59
Antifa Sehr gut besucht war das nunmehr bereits 6. Treffen des OÖ Netzwerkes gegen Rassismus und Rechtsextremismus, das am 14. Oktober 2006 im Bildungshaus Schloss Puchberg bei Wels über die Bühne ging. Bildungshaus-Leiter Wilhelm Achleitner konnte als „Hausherr“ wieder weit mehr als hundert VertreterInnen der mittlerweile über 40 im Netzwerk zusammengeschlossenen antifaschistischen Gruppen aus Oberösterreich begrüßen.

Der Welser Bürgermeister Peter Koits berichtete in seinem Grußwort unter anderem über die Benennung von zwei Straßen nach antifaschistischen WiderstandskämpferInnen in Wels und die Schaffung des Integrationsbüros Mosaik. Brigitte Amtmann überbrachte Grüße des steirischen ARGE Jugend gegen Gewalt und Faschismus und informierte über deren Wanderausstellung „A-Sozial“ zum Sozialstaat Österreich. In einer Videobotschaft forderte der Schauspieler Dietmar Schönherr zu verstärkten Aktivitäten gegen den Rassismus auf.

Das musikalische Begleitprogramm des Treffens gestalteten das Duo „Hirn mit Ei“ (Michael Kurz und Markus Hiptmair) mit Jazz und Blues. Die erst kürzlich mit dem Staats-Förderungspreis für Literatur ausgezeichnete Linzer Schriftstellerin Eugenie Kain las einen Auszug aus ihrem zuletzt erschienen berührenden Buch „Flüsterlieder“.

In seinem Bericht verwies Netzwerk-Sprecher Robert Eiter auf die wichtigsten Aktivitäten seit dem letzten Treffen vor einem Jahr, darunter zwei „kleine“ Netzwerktreffen im Jänner und Mai 2006 und 30 Netzwerk-Infos per e-Mail. Breite Öffentlichkeit erreichte die Unterschriftenaktion „Schluss mit der Ehrung von NS-Denunzianten“ die zur Umbenennung der Franz-Xaver-Rais-Promenade in Sankt Wolfgang und der Aberkennung der Ehrenbürgerschaft für die Schriftstellerin Margarete Pausinger in Lambach führte. Aktiv war das Netzwerk gegen die Umtriebe des neofaschistischen Bundes Freier Jugend, gegen einen rassistischen Kommentar und einen Artikel mit NS-Propaganda in der Gratiszeitung „Tips“ sowie gegen die Verharmlosung der Neonazi-Szene durch den Verfassungsschutz. Eine gemeinsame Erklärung wurde zum Bundesturnfest des ÖTB in Linz abgegeben, erreicht wurde die Umbenennung der Kernstockstraße in Grein.

Namens der Plattform Zivilcourage berichtete Christian Schörkhuber über Aktivitäten zur Umsetzung der EU-Richtlinie betreffend den Zugang von MigrantInnen aus Nicht-EU-Ländern zu Gemeinde- und Genossenschaftswohnungen und Widerstände dagegen sowie über einen Aktionstag der Plattform am 9. Dezember in Linz zum Asylgesetz und Übergriffen der Polizei. Laut Albert Langanke gibt es mittlerweile bereits 50 lokale Gruppen des Mauthausen-Komitees Österreichs. Die nächste Befreiungsfeier wird am 6. Mai 2007 in Mauthausen stattfinden, im Vorfeld gibt es am 4. Mai eine Tagung an der Linzer Universität und am 5. Mai ein Oratorium anlässlich des 60. Jahrestages der Übergabe der Gedenkstätte an die österreichische Regierung. Christian Burgstaller berichtete über die Finanzierung des Netzwerkes.

Auch heuer prägten wieder mehrere thematische Referate zu aktuellen Themen der antifaschistischen Debatte das Treffen. Zum Thema „Steinerne Zeugen – Gedenkkultur in Österreich“ sprach die Historikerin Heidemarie Uhl von der Akademie der Wissenschaften in Wien. Sie konstatierte einen Paradigmenwechsel im Umgang mit der Vergangenheit in den Jahren 1948/49 durch Verabschiedung von der Opferthese und Integration der alten Nazis. Die Macht Denkmäler zu errichten sieht sie als Definitionsmacht über das Geschichtsbild. Antifaschistische Denkmäler galten lange als kommunistische Propaganda, ab Ende der 40er Jahre wurde als Gegenposition mit der Errichtung von Kriegerdenkmälern begonnen. Österreich wurde als Opfer des Krieges gegen den Nationalsozialismus (also der Alliierten) interpretiert. Erinnerungskultur ist auch eine Ersatzhandlung, daher darf man sich mit Denkmälern nicht zufrieden geben, so Uhl.

Zum Thema “Ist das Verbotsgesetz noch zeitgemäß?“ sprach dann der Wiener Rechtsanwalt Alfred Noll und führte dazu drei Aspekte an, nämlich Organisations-, Unterstützungs- und Wiederbetätigungsverbot. Gesetze ersetzen nicht den antifaschistischen Kampf, eine Abschaffung, wie auch von manchen liberalen Journalisten verlangt, wäre ein Verzicht auf ein wichtiges Instrument, so Noll. Eine Aufhebung des Verbotsgesetzes wäre eine Delegitimierung des antifaschistischen Kampfes und seine Reduzierung auf eine Privatangelegenheit. Das Verbotsgesetz schränkt laut Noll die Meinungsfreiheit „nicht über Gebühr“ ein, diese Beschneidung der Meinungsfreiheit unter Bezug auf die Menschenrechtskonvention wäre vergleichbar mit Beleidigungen oder Verleumdung, die ja auch nicht unter Verweis auf die Meinungsfreiheit straflos erfolgen können.

In seinem Referat zum Thema "Wie menschlich ist unser Fremden- und Asylrecht?" zeichnete Christoph Riedl ein ernüchterndes Bild der Zustände auf diesem Gebiet und interpretierte das Asyl vor dem Hintergrund der Verhältnisse in den Herkunftsländern, die es zu ändern gilt.

Vom Treffen wurden drei Resolutionen mit der Forderung nach einer konsequenten Vorgangsweise gegen den neonazistischen BFJ entsprechend dem Verbotsgesetz, gegen die Zerreißung binationaler Ehen und für eine Reform der Fremdengesetzgebung beschlossen.

Zum Abschluss wurde ein Ausschnitt aus dem Film „Die Kinder von Etzelsdorf“ nach Recherchen von Martin Kranzl-Kreinecker über die Ermordung von Kindern von Ostarbeiterinnen in der NS-Zeit in Pichl bei Wels gezeigt. VertreterInnen verschiedener Organisationen berichteten in kurzen Statements über Aktivitäten aus ihrem jeweiligen Bereich.

© Leo Furtlehner

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