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Die KPÖ zu Fragen des Gemeindebundes

  • Mittwoch, 6. September 2006 @ 12:47
Kommunal Die KPÖ zur Aktion „Politik antwortet“ des österreichischen Gemeindebundes

Die österreichischen Parteien antworten auf die Fragen der österreichischen Gemeinden. Der Österreichische Gemeindebund hat alle relevanten Parteien kurz vor der Nationalratswahl eingeladen, zu einigen gemeinderelevanten Fragen Stellung zu nehmen. Für die KPÖ hat dazu Kommunalsprecher Leo Furtlehner Stellung genommen:

Frage 1: Wie bewerten Sie die Rolle der österreichischen Gemeinden im gesamtstaatlichen Gefüge bzw. in ihrem Verhältnis zu Bund und Ländern?

Aus Sicht der KPÖ kommt den Gemeinden eine zentrale Bedeutung zu, weil auf kommunaler Ebene die Beziehung zwischen BürgerInnen und Politik am direktesten und eine Beteiligung der Menschen an politischen Entscheidungsprozessen im Sinne einer partizipativen Demokratie am einfachsten möglich ist. Dem steht allerdings entgegen, dass durch den zunehmenden Kompetenzverlust angesichts wachsender Vorgaben vor allem von der EU-Ebene die realen Gestaltungsmöglichkeiten der Gemeinden und damit ihre Autonomie immer geringer werden. Ebenso sehen wir den immer stärkeren Wandel im Verständnis der Gemeinden als Unternehmen anstatt als einer politischen Gebietskörperschaft und damit der Unterordnung unter die berüchtigte Politik der Sachzwänge als negative Entwicklung.

Frage 2: Welche Rolle, Bedeutung und Aufgaben haben die österreichischen Bürgermeister?

Die Entwicklung, dass BürgermeisterInnen immer stärker in die Rolle von ManagerInnen von als Unternehmen verstandenen Gemeinden gedrängt werden bzw. sich als solche verstehen, sehen wir sehr kritisch. Durch die in den meisten Bundesländern mittlerweile eingeführte Direktwahl der BürgermeisterInnen hat sich die Abgehobenheit der Gemeindeoberhäupter vom gewählten Gemeinderat verstärkt. Wie der Fall Böhm in Pasching (OÖ) zeigt kann dies zu sehr problematischen selbstherrlichen Auswüchsen führen.

Frage 3: Wie bewerten Sie die steigenden Anforderungen und neuen Aufgaben der Gemeinden?

Während die Anforderungen der BürgerInnen an die Gemeinden ständig steigen, bleiben die Möglichkeiten zur Realisierung durch die finanzielle Misere immer stärker zurück. Die Gemeinden (ohne Wien) erhalten laut FAG 2005-08 nur 11,6 Prozent der gemeinschaftlichen Bundesabgaben, tätigen jedoch 54 Prozent der öffentlichen Investitionen. Diese mangelnde finanzielle Ausstattung der Gemeinden und die rigiden Vorgaben des Euro-Stabilitätspaktes für ein Nulldefizit führen zu massiven Tarif- und Gebührenerhöhungen, Rationalisierung sowie Ausgliederung und Privatisierung kommunaler Leistungen und Einrichtungen. Nach wie vor ist die Verschuldung der Gemeinden eines der Hauptprobleme. Wir halten die zur Erfüllung der Maastricht-Auflagen eingeschlagenen „Auswege“ wie das mittlerweile nach Gesetzesänderungen in den USA eingestellte Cross-Border-Leasing, die Aufnahme von riskanten Fremdwährungskrediten oder die verstärkte Finanzierung von Gemeindeprojekten per Leasing für höchst problematisch.

Frage 4: Welche Gegenmaßnahmen bzw. Möglichkeiten sehen Sie, um die Gemeinden bei der Bewältigung steigender Ausgaben (Pflege, Soziales, Kinderbetreuung) zu unterstützen?

Eine klare Trennung der Kompetenzen zwischen Gemeinden, Ländern und Bund ist notwendig, etwa indem Kinderbetreuung Gemeindesache, Pflege oder Spitalswesen Landeskompetenz sind. Der Anteil der Gemeinden am Finanzausgleich ist zu erhöhen, wobei dieser Topf durch eine höhere Besteuerung von Kapital und Vermögen insgesamt vergrößert werden muss. Landesumlage und Spitalsfinanzierungsbeiträge sollen gestrichen werden. Damit würde die Gemeindeautonomie gestärkt und Bittgänge um mit Auflagen wie Mindesttarifen für Wasser und Kanal verbundene Bedarfszuweisungen entfallen. Die Abschaffung der Getränkesteuer und Rückzahlungsforderungen haben die Gemeinden schwer getroffen. Die von Grasser angedachte Abschaffung der Werbeabgabe und die von der Wirtschaft immer wieder geforderte Streichung der Kommunalabgabe würde die Kommunen existenziell treffen. Die KPÖ tritt hingegen für die Bemessung der Kommunalabgabe nach der gesamten Wertschöpfung statt wie derzeit nur nach der Lohnsumme ein.

Frage 5: Welche Strategien bieten Sie an, um den ländlichen Raum vor der drohenden Ausdünnung (Infrastruktur) zu bewahren?

Die KPÖ kritisiert die in den letzten Jahren erfolgte Ausdünnung der regionalen Infrastruktur durch die Schließung von bundesweit rund tausend Postämtern sowie von Bezirksgerichten und Polizeidienststellen. Ebenso lehnen wir die Einstellung von Regionalbahnen ab. Wir stellen gleichzeitig ein Versagen der Raumordnung und Strukturpolitik fest. Die Zersiedelung vor allem im Umland der Städte führte zu einer wachsenden Verkehrslawine mit negativen Auswirkungen durch eine wachsende Zahl von PendlerInnen, Stau, Stress und Belastungen für die Umwelt. Mit der bereits in der Ära der rotschwarzen Koalition erfolgten Privatisierung der Verstaatlichten wurde auch die Chance vergeben, durch staatliche Impulse mehr Arbeitsplätze in den strukturschwachen Gebieten zu schaffen.

Frage 6: In welchen Bereichen sollten Ihrer Meinung nach die Arbeits- und Handlungsschwerpunkte der österreichischen Gemeinden in den kommenden Jahren liegen?

Die Wohnkosten und insbesondere die Betriebskosten steigen seit Jahren weit über der allgemeinen Inflationsrate. Die Privatisierung der 61.000 Bundeswohnungen hat die Lage auf dem Wohnungssektor weiter verschärft. Maßnahmen um leistbare Wohnungen vor allem für Menschen bzw. Familien mit geringen Einkommen bereit zu stellen sind notwendig. Dazu muss der Bestand an Gemeindewohnungen im öffentlichen Eigentum erhalten werden und die Gemeinden selbst wieder einen kommunalen Wohnbau aufnehmen um damit beispielgebend zu wirken. Weitere Schwerpunkte sind der Ausbau des Nahverkehrs um eine Verlagerung von der Straße auf die Schiene bzw. den öffentlichen Verkehr zu erreichen. Dazu fordern wir eine Nahverkehrsabgabe zur Finanzierung des Berufsverkehrs ähnlich der Wiener U-Bahnsteuer. Auch der Ausbau der Kinderbetreuungseinrichtungen ist wichtig. Leistbare Krippen, Kindergärten und Horte sind für die Entlastung der Familien und die Berufstätigkeit der Frauen unabdingbare Voraussetzungen.

Frage 7: Welches Berufsbild bzw. welche Berufsbezeichnung in der Privatwirtschaft wäre, ihrer Meinung nach, am ehesten mit der Position eines Bürgermeisters vergleichbar?

Da wir die Direktwahl der BürgermeisterInnen und deren Abgehobenheit vom gewählten Gemeinderat ablehnen, haben wir auch keine bestimmte Vorgabe eines Berufsbildes für BürgermeisterInnen. Die Gemeindeoberhäupter sollten nach unserer Auffassung aus allen Berufsgruppen kommen. Für entscheidend halten wir, dass BürgermeisterInnen unabhängig von ihrer Parteizugehörigkeit möglichst im Sinne der Gesamtbevölkerung agieren. Es ist aus unserer Sicht auch nicht Aufgabe von BürgermeisterInnen von einem Event zum nächsten zu hetzen um Gesichtspflege zu betreiben.

Frage 8: Was bedeutet der Begriff „Gemeinde“ ganz konkret für Ihre Partei?

Die KPÖ ist nicht im Nationalrat bzw. außer der Steiermark in Landtagen vertreten, daher sind die Gemeinden für uns ein wichtiges Feld der politischen Arbeit. Seit dem EU-Beitritt wurden mit Zustimmung von Regierung und Parlament rund 80 Prozent der Kompetenzen an die EU-Ebene abgegeben. Die von Nationalrat und Bundesrat beschlossene, aber am Nein in Frankreich und den Niederlanden gescheiterte EU-Verfassung wäre auch für die Gemeinden negativ. Auf Initiative der KPÖ hat sich Attnang-Puchheim als einzige Gemeinde Österreichs kritisch dazu geäußert und eine Volksabstimmung verlangt. Die in der Gemeindeverfassung 1962 verankerte und als vorbildlich dargestellte Autonomie wurde dadurch massiv ausgehöhlt. Der Verweis auf das Subsidiaritätsprinzip, das „Europa der Regionen“ und die Mitsprache im Ausschuss der Regionen kann darüber nicht hinwegtäuschen. Die KPÖ tritt als Gegenposition dazu für eine Stärkung der Kompetenzen der Gemeinden, vor allem ihrer Finanzbasis ein.

Infos: http://www.kommunal.at

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