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Israel/Palästina/Libanon: Stoppt den Krieg!

  • Montag, 24. Juli 2006 @ 18:46
Frieden Der Krieg Israels gegen den Libanon muss sofort beendet werden. Dieser Krieg ist ein Krieg, der sich in erster Linie gegen ZivilistInnen und überlebensnotwendige zivile Infrastrukturen richtet. Diesem Krieg sind bereits hunderte Menschen, darunter viele Kinder, zum Opfer gefallen, eine halbe Million Menschen sind auf der Flucht. Es droht ein Flächenbrand im Nahen Osten.

Jede Analyse und Bewertung der aktuellen Eskalation der Gewalt im Israel-Palästina-Konflikt erfordert aus unserer Sicht drei Vorbemerkungen:

Erstens: Völkerrechtswidrige Besatzung Palästinas

Israel hält seit nunmehr fast vier Jahrzehnten palästinensisches Territorium besetzt und ignoriert beharrlich alle UNO-Resolutionen, sich aus diesen Gebieten zurückzuziehen. Erst vor fünf Monaten erfolgte der Rückzug aus einem kleinen Teil (Gaza). Durch die Besatzung wurden Millionen von PalästinenserInnen vertrieben und Millionen müssen unter den ständigen Repressionen der israelischen Militärmacht leben. Im Westjordanland betreibt die Besatzungsmacht durch die Ansiedlung von mittlerweile 200.000 SiedlerInnen eine völkerrechtswidrige Politik des systematischen Landraubs. Linke Abgeordnete in der Knesset bezeichnen die besetzten Territorien als „Ghettoland“, da die israelischen Besiedlungen das soziale Leben der PalästinenserInnen zerschneiden und sie einem alltäglichen Spießrutenlauf an Entwürdigungen und Schikanen aussetzen. Die soziale Situation in diesen Gebieten wird immer unerträglicher. Die 200.000 SiedlerInnen verfügen über 75 % der Wasserressourcen, Millionen von PalästinenserInnen müssen sich den Rest teilen. Zwei Drittel leben unter der Armutsgrenze. Nach fast 40 Jahren Besatzung und Vertreibung liegt das jährliche Pro-Kopf-Einkommen in Israel bei 24.600 US-Dollar, im Westjordanland bei 1.100 und in Gaza bei 600 Dollar.

Zweitens: Instrumentalisierung Israels durch westliche Großmächte

Auch die große Mehrzahl der israelischen BürgerInnen ist selbst Opfer dieser Entwicklungen. Das aus den antisemitischen Verfolgungen und dem Horror des Holocaust erwachsene legitime Interesse der Juden und Jüdinnen an einem eigenen Staat wurde von den westlichen Großmächten von Anfang an dazu instrumentalisiert, einen unsinkbaren Flugzeugträger für deren imperiale Interessen im Nahen Osten zu installieren. Damit soll diese für die USA und Europa auf Grund des gewaltigen Erdölreichtums vielleicht wichtigste Region der Welt geopolitisch unter Kontrolle gehalten werden. Bis in die 50er Jahre wurde Israel von Großbritannien und Frankreich als „Frontstaat“ gegen die arabischen Länder hochgerüstet, beide Staaten intervenierten 1956 sogar militärisch, um die Verstaatlichung des Suez-Kanals durch Ägypten zu verhindern. Mit dem Niedergang der europäischen Kolonialmächte in der Nachkriegszeit wurde Israel zunehmend von den USA hochgerüstet. Die jährliche Militärhilfe der USA für Israel beläuft sich auf 2 Milliarden Dollar. Diese Einbindung Israels in die imperialistische Globalstrategie - und nicht irgendein „Clash of Civilisation“ - treibt die israelische Politik immer wieder in die Konfrontation mit seinen Nachbarn und macht Millionen von Israelis selbst zu Opfern: durch die ständige Gefährdung ihrer physischen Existenz sowie durch die rasch voranschreitende soziale Spaltung ihrer Gesellschaft.

Drittens: Solidarität mit antikolonialen Kräften auf beiden Seiten

Unsere Solidarität gilt der großen Mehrzahl der Menschen in Palästina, im Libanon und in Israel, die wieder einmal zum Opfer in diesem Großmachtpoker werden. Wir verurteilen auf beiden Seiten Gewaltstrategien, die die Zivilbevölkerung terrorisieren. Solche Aggressionen, seien es Selbstmordattentate, Beschuss und Bombardement von Dörfern und Städten oder sog. „gezielte Tötungen“ samt ziviler „Kollateralschäden“ sind menschlich abscheulich und politisch verheerend, da sie den Konflikt ethnisieren und damit unlösbar machen. Wir treten dafür ein, die strukturellen Wurzeln des Israel-Palästina-Konflikts zu beseitigen: die unrechtmäßige Besatzungspolitik Israels, die himmelschreienden sozialen Gegensätze und die globalen imperialen Interessen der Westmächte an den Energieressourcen dieser Region. Unsere politische Unterstützung gilt daher jenen Kräften auf beiden Seiten (die sich z. B. in Teilen der israelischen Friedensbewegung und in Teilen der PLO finden),

die sich für eine politische Entwicklung in Israel und Palästina engagieren, die allen Menschen gleiche politische Rechte unabhängig von Religion und Herkunft gewährt,

die für eine solidarische Ökonomie kämpfen, die allen Menschen in dieser Region gleiche soziale Existenz- und Teilhaberechte sichert,

die sich für eine antikoloniale Politik und die Unabhängigkeit von den USA und westeuropäischen Großmächten stark machen.

Halbe Wahrheit = ganze Unwahrheit

Die israelischen Machteliten und viele westliche Medien verteidigen den Überfall auf Gaza und den Libanon mit den Selbstverteidigungsinteressen Israels. Als Begründung wird die Entführung von drei israelischen Soldaten sowie der Beschuss durch Kassam-Raketen auf israelische Grenzgebiete angeführt. Doch die halbe Wahrheit ist in diesem Fall die ganze Unwahrheit. Zwar ist es richtig, dass seit dem Abzug Israels aus dem Gazastreifen im September 2005 rd. 1.000 Kassam-Raketen auf Israel abgefeuert wurden. Dem Beschuss durch solche Raketen sind in den letzten fünf Jahren acht Israelis zum Opfer gefallen. Doch wenn dieser Beschuss israelischer ZivilistInnen - zu Recht - als terroristisch gebrandmarkt wird, wie ist dann das Agieren des israelischen Militärs zu bewerten, das in den letzten sechs Monaten den Gaza-Streifen mit 7.000 bis 9.000 Artilleriegranaten überschüttet und dabei in diesem Zeitraum rd. 80 PalästinenserInnen getötet hat? Alleine in den beiden Wochen vor dem Losschlagen der israelischen Armee fielen diesem Staatsterror 20 PalästinenserInnen zum Opfer, 14 davon ZivilistInnen, insbesondere Kinder. Natürlich muss die Freilassung der drei entführten israelischen Soldaten gefordert werden, doch was ist mit den 9.800 PalästinenserInnen, darunter 450 Kinder und 150 Frauen, die von Israel gefangen gehalten werden? Laut israelischen Menschrechtsorganisationen werden 1.000 davon als „administrative Gefangene“ festgehalten, d. h. gegen sie existiert weder Anklage noch Urteil.

Terror gegen die Zivilbevölkerung

Die Begründung des Überfalls auf Gaza und Libanon mit dem Ziel der Selbstverteidigung ist wenig glaubwürdig, wenn bereits in der Zeit davor der Großteil der Gewalt und Tötungen von Seiten der israelischen Armee verübt wurde. Auch die Art der Kriegsführung untergräbt die israelische Propaganda: gezielt werden die für die Bevölkerung lebensnotwendigen Infrastrukturen (z. B. Elektrizitätswerke) zerstört, permanent werden zivile Ziele im Herzen des Libanon bombardiert; der Großteil der mittlerweile vielen hundert Toten sind ZivilistInnen. Eine halbe Million Menschen sind auf der Flucht. Bemerkenswerterweise erfolgte der israelische Angriff 14 Stunden, nachdem die Meldungen über das Einlenken der Hamas auf die Anerkennung Israels über die Nachrichtenagenturen verbreitet wurden. Postwendend verhaftete Israel nach dem Einmarsch in Gaza die Minister der Hamas-Regierung.

Beirut - Damaskus - Teheran?

Dass der israelische Krieg gegen den Libanon seit längerem geplant war, zeigen auch die blitzschnellen, koordinierten Land-, Luft- und Seeoperationen. Was könnte also in Wirklichkeit hinter der israelischen Aggression stehen? Zum einen will Israel offensichtlich die demokratisch gewählte Regierung der PalästinenserInnen eliminieren und die Bevölkerung dafür abstrafen, an der Wahlurne „falsch“ gewählt zu haben. Washington und Brüssel wissen das zu schätzen, sie haben seit dem Antritt der Hamas-Regierung ihre Finanzhilfen an die PalästinenserInnen weitgehend eingestellt. Zum anderen - so etwa der israelische Friedensaktivist Uri Avnery - will die israelische Regierung das Regime im Libanon stürzen. Hardliner im US-Pentagon haben schon früher gefordert, dass nach dem Irak der Libanon das nächste Land für einen US-freundlichen „Regime-Change“ sein müsste, um besser zum Schlag gegen Syrien und den Iran ausholen zu können. Über die bekannten Verbindungen der libanesischen Hisbollah zu Damaskus und Teheran kann die Lunte in diese Staaten weiterverlängert werden. Der israelische Innenminister hat bereits einen Militärschlag gegen Syrien in den Raum gestellt. Auch die Bush-Administeration macht Syrien und Iran für die Gewalteskalation verantwortlich und lässt keinen Zweifel, dass sie den Krieg Israels gegen den Libanon unterstützt. Als der libanesische Ministerpräsident zu einem sofortigen Waffenstillstand unter UNO-Aufsicht aufrief, da die anhaltenden Angriffe eine „unmoralische kollektive Bestrafung“ der libanesischen Bevölkerung darstellen, schob die US-Regierung diesen Appell sofort beiseite.

Die Proteste der EU gegen das israelische Vorgehen sind halbherzig und widersprüchlich. Hauptziel der EU ist es, in der Nahost-Region politisch und militärisch Fuß zu fassen. Der Nahe und Mittlere Osten wird in allen Strategiedokumenten als Haupteinsatzgebiet für EU-Streitkräfte und Battle-Groups genannt. Länder der EU, wie z. B. Deutschland, gehören mittlerweile - nach den USA - zu den größten Waffenlieferanten für Israel (letzte Lieferungen: U-Boote, die für die Stationierung von Atomraketen umrüstbar sind; Panzer, die vorzüglich zur „Aufstandsbekämpfung“ dienen). Gleichzeitig versucht die EU, die palästinensische Seite durch eine Politik von Zuckerbrot und Peitsche gefügig zu machen. Ein palästinensischer Zwergstaat, der eigenständig kaum lebensfähig ist, könnte für die EU zu einem fixen militärischen Stützpunkt in der Region werden.

Forderungen an die österreichische Außenpolitik

Wir fordern den sofortigen Ausstieg Österreichs aus der Unterordnung unter die EU-Nahost-Politik. Wir brauchen eine eigenständige Außenpolitik, die sich an den Prinzipien einer aktiven Friedens- und Neutralitätspolitik orientiert. Eckpunkte einer solchen Nahostpolitik müssen sein:

Klare und unmissverständliche Verurteilung der israelischen Aggression gegen den Gaza-Streifen und den Libanon, diplomatische Initiativen zur sofortigen Beendigung des Krieges.

Aufforderung Israels zum Rückzug aus den besetzten Gebieten; Rückkehrrecht für die palästinensischen Flüchtlinge; Freilassung der Gefangenen auf beiden Seiten.

Verurteilung der Waffenexporte der USA, der EU-Staaten und anderer Länder in die Nahostregion; Stornierung aller öffentlichen Aufträge an Firmen, die an solchen Waffenlieferungen beteiligt sind wie z. B. Thyssen-Krupp und Krauss-Maffei-Wegmann. Sofortige Abberufung des Thyssen-Krupp-Vertreters aus dem ÖIAG-Aufsichtsrat.

Initiativen zur Umsetzung der Forderung nach einer kernwaffenfreien Zone im Nahen und Mittleren Osten.

Humanitäre Soforthilfe für die palästinensische und libanesische Bevölkerung.

Werkstatt Frieden & Solidarität, 24.7.2006

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