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Ludwig Gföller (1885-1942)

  • Freitag, 6. Juli 2012 @ 08:00
Biografien Von den wenigen organisierten Widerstandsgruppen der Sozialisten im Bezirk Vöcklabruck dürfte die von Eisenbahnern gebildete Gruppe der Revolutionären Sozialisten in Attnang-Puchheim am wichtigsten gewesen sein. Sie hing mit der RSÖ-Gruppe der Eisenbahner im Raum Salzburg zusammen, die ihrerseits Verbindung mit den Salzburger Kommunisten hatte.

Eine wichtige Rolle in Attnang-Puchheim spielte der ehemals sozialdemokratische Bürgermeister Karl Jakubetz, der auch gute Kontakte zum Attnanger Kommunisten Ludwig Gföller (geboren am 13. Juli 1885 in Attnang-Puchheim) hatte und für den Aufbau einer Attnanger RSÖ-Gruppe den ehemaligen Gewerkschaftsfunktionär Richard Forstner namhaft machte. Forstner war Fabriksarbeiter in Lenzing und wurde am 6. Juli 1942 im Verdacht auf staatsfeindliche Betätigung „zugunsten der kommunistischen Partei“ festgenommen. Er starb in Gestapo-Haft.

Die Attnanger Eisenbahnergruppe stand auch mit den Partisanen im Salzkammergut um den Kommunisten Sepp Plieseis in Verbindung. Eine Anlaufstelle dabei war der Attnanger Gastwirt Maier, der für die Widerstandskämpfer Lebensmittel besorgte und sie notfalls auch in seinem Haus versteckte.

Der Eisenbahnerort schien in dieser Zeit überhaupt ein Zentrum des Widerstandes gegen den Hitlerfaschismus im Bezirk Vöcklabruck zu sein. Von hier aus gab es eine zweite Verbindungslinie, die einer „Roten Hilfe“-Organisation, zwischen Attnanger und Welser Kommunisten.

Der bereits angeführte Attnanger Kommunist, viele Jahre Obmann seiner Lokalorganisation der Kommunistischen Partei und Kandidat zum Landtag, Ludwig Gföller war den Behörden kein Unbekannter mehr. Politisch äußerst aktiv, gehörte Gföller bis zu seiner Pensionierung als Oberschaffner im Jahre 1934 dem Rechtsschutz- und Gewerkschaftsverein der Eisenbahner an und wirkte auch in seiner Ruhezeit weiter für die illegale Revolutionäre Gewerkschaftsopposition.

Die Nazis waren darüber informiert. Wie es in der NS-Urteilsschrift gegen Kollegen und Genossen heißt, betrieb er auch nach dem Verbot der KPÖ 1933 „noch eine rege kommunistische Propaganda“. Im Frühjahr oder Sommer 1939 kam er mit dem Welser Waagenbauer Franz Schöringhumer überein, zur Unterstützung der Familienangehörigen von inhaftierten Kommunisten auch in Attnang-Puchheim und Umgebung tätig zu sein. Schöringhumer war bereits vor 1938 Hauptkassier der „Roten Hilfe“. Gföller sollte unter den ihm bekannten Gesinnungsfreunden Mitglieder werben, von ihnen monatliche Beiträge von 1 Reichsmark einheben und diese an Schöringhumer weiterleiten.

Die erste Anlaufstelle noch im Herbst 1939 war der Attnanger Kommunist und Schuhmachermeister Franz Humer, von dem die Nazis bald wussten, dass „in dessen Werkstätte häufig politisiert wurde“. Über Humer soll Gföller an den in der Metallwarenfabrik in Kaufing beschäftigten Eisendreher Anton Mühlbacher aufmerksam geworden sein. Die Verbindung zwischen Gföller und Mühlbacher stellte 1940 der ihm bereits aus früheren Jahren als Kommunist bekannte Johann Lanzerstorfer her. In Attnang-Puchheim selbst konnte Gföller im Frühjahr 1940 den Reichsbahnangestellten Anton Neudorfer und im Sommer 1940 den pensionierten Brauereigehilfen Matthias Leopoldsberger sowie den Eisenbahnpensionisten und Kommunisten Johann Friedwagner als Mitglieder gewinnen. Als weitere Aktivisten wurden später der Lokheizer Max Ostermann und der Lokführer und Kommunist Gottlieb Thalhammer angeführt.

Allmählich entstand so ein lokales Netz der „Roten Hilfe“, deren Tätigkeit in der Folge von den Behörden zunehmend registriert wurde. Hinzu kam, dass Ludwig Gföller als zentrale Person dieses gefährlichen Unternehmens entgegen den Ratschlägen seiner Welser Genossen „auch mit kommunistischem Propagandamaterial und Flugschriften für die KP zu werben“ begann. Wie die Nazis wussten entfaltete er „in der Umgebung seines Wohnortes eine rege Werbetätigkeit bei den ihm von früher her als kommunistische oder doch als marxistische Parteigänger bekannten Personen“.

Immer wieder fanden in der Wohnung der Familie Gföller Hausdurchsuchungen statt, bei denen unter anderem mit Stemmeisen der Kasten aufgebrochen oder der ganze Bodenbelag aufgerissen wurde. Insgesamt sollen es bis zu Gföllers Verhaftung 11 Hausdurchsuchungen gewesen sein. Gesucht wurde dabei neben den Flugschriften auch ein Radioapparat. Irgendjemand aus der Umgebung sah sich veranlasst, Gföller auch als „Schwarzhörer“, d.h. Hörer ausländischer Sendungen, auszuspionieren und zu verraten.

Die Gestapo schlägt zu

Im Frühjahr 1941 schien die Gestapo genug Belastungsmaterial gesammelt zu haben, um gegen Gföller und Genossen vorzugehen. Wie die Gendarmeriepostenchronik von Attnang-Puchheim vermerkte, wurden im Mai 1941 Ludwig Gföller, Franz Humer und Gottlieb Thalhammer „wegen kommunistischer Betätigung, Geldsammeln für die Rote Hilfe, festgenommen und nach Linz überstellt“. Ostermann wurde ebenfalls im Mai, Neudorfer im Juni 1941 verhaftet. Am 16. September 1941 wurden Gföller, Ostermann, Thalhammer, Friedwagner und Neudorfer wegen Vorbereitung zum Hochverrat“ angeklagt - unter Angabe, dass die Angeklagten die „Ostmark“ vom Reich „losreißen“ und die „Verfassung des Reiches gewaltsam ändern wollten.“ Gföller wurde zu zehn Jahren, Ostermann, Thalhammer und Friedwagner zu je drei Jahren und Neudorfer zu zweieinhalb Jahren Zuchthaus verurteilt.

Im Gefängnis schrieb Ludwig Gföller an einen Mitangeklagten einen Kassiber folgenden Inhalts: „Mir kommt vor, in den nächsten Wochen stehen große Entscheidungen bevor, was die Zeitungen ja auch durch die Blume zugeben, hoffentlich zu unseren Gunsten. Vielleicht stehen wir schon vor einem zweiten 1918, dann wäre die Erlösung da.“

Gföllers „Erlösung“ sah anders aus. Besucher vernahmen, dass er während der Verhöre geschlagen wurde. Seine Füße wiesen Einstiche von Spritzen oder Nadeln auf. Vielleicht meinte er, die Verantwortlichen zu täuschen, für unbedenklich gehalten und freigelassen zu werden, als er in der Haft zu „randalieren“ begann. Das Gegenteil traf ein. Gföller kam nach Niedernhart, wo er am 9. Juli 1942 starb. Wie einem Schreiben der Landesheilanstalt Niedernhart zu entnehmen ist, fiel Gföller „der sogenannten Euthanasie zum Opfer“. Und: „Die angegebene Todesursache - Apoplexie (Herzstillstand) – dürfte fingiert sein, wie sie es bei allen diesen Fällen war.“

Noch im Mai fand die Hauptverhandlung gegen die anderen Mitglieder dieser Rote Hilfe-Organisation statt. Gföller war, da er laut Urteilsschrift für „geisteskrank“ gehalten wurde, davon ausgeschlossen. Am 6. Mai 1942 wurden neben Ostermann, Thalhammer, Friedwagner und Neudorfer noch Franz Humer zu rund vier Jahren, Anton Mühlbacher zu vier, Johann Lanzerstorfer zu viereinhalb und Matthias Leopoldsberger zu drei Jahren Haft verurteilt.“ Die „Rote Hilfe“-Organisation zwischen Attnang, Kaufing und Wels war zerschlagen.

Christian Hawle, Die KPÖ im Bezirk Vöcklabruck (Auszug)

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