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Erfolgreiches Sozial Forum in Linz

  • Samstag, 5. Juni 2004 @ 18:38
Global Einen erfolgreichen Schritt für die sozialen Bewegungen in Österreich stellt das ASF vom 3. bis 5. Juni 2004 in Linz dar. Dementsprechend verständigten sich die TeilnehmerInnen am Plenum der Sozialen Bewegungen darauf, die Vorbereitungen für ein drittes Sozial Forum im kommenden Jahr zu beginnen.

Cirka zweitausend Menschen dürften sich von Donnerstag bis Samstag an rund 250 Veranstaltungen des zweiten “Austrian Sozial Forum” in Linz beteiligt haben. Deutlicher als beim Sozial Forum in Hallein fiel die Beteiligung des ÖGB, zahlreicher Fachgewerkschaften und der Arbeiterkammern am Sozial Forum aus. Zahlreiche Veranstaltungen waren dem Widerstand gegen die Privatisierungen gewidmet, unter anderem kündigten die Vertreter der Post-Bus-Gewerkschaft mögliche Kampfaktionen für den Herbst an. Die stärkere gewerkschaftliche Beteiligung prägte auch die bei den Sozial Foren inzwischen zur Tradition gewordene Demonstration. Fünfzehnhundert Personen zogen bei Regen durch die Linzer Innenstadt bis zum Stadtrand vor das Gelände der ehemaligen Chemie-Linz AG, die heute in vierzig selbständige Unternehmen aufgesplittert ist. Die Demo fand unter dem Schlagwort “Steuergerechtigkeit” und für die “Eintreibung von Steuerschulden” statt.

Hingewiesen wurde unter anderem auf den skandalösen Umstand, dass ein Konzern wie die OMV nicht mehr als 10 Prozent seines Gewinnes an den Fiskus abliefert. Diese unsoziale Qualität des Steuersystems werde durch die schwarzblaue Steuerreform noch verstärkt.

Die sehr stark auf die Sichtweisen von GewerkschafterInnen orientierte Aktion wurde aber auch verschiedentlich im Sozialforum kritisch behandelt. Sei es wirklich zweckmäßig, aus der Vielfalt der auf dem Sozial Forum diskutierten Forderungen, gerade die nach einer reformorientierten Umverteilung herauszuheben, so eine der Fragen.

Auch diese Debatte verweist auf die Notwendigkeit, den Dialog zwischen den verschiedenen Sektoren der Zivilgesellschaft, den neuen sozialen Bewegungen und den Gewerkschaften, radikalen Linken und SozialdemokratInnen, autonomen und organisierten Linken, einen weiteren Schritt voranzubringen. Dies gelang in Linz auf verschiedene Weise. Knotenpunkte dieses Dialogs bildeten die von ÖGB-Strukturen mitgetragene Verschränkungsforen, die sich mit dem Spannungsverhältnis zwischen Gewerkschaften und MigrantInnen oder traditioneller Vertretungspolitik und Interessen prekär beschäftigter Personen auseinandersetzten. Die Bandbreite politischer Fragestellungen reichte von einer Veranstaltung mit dem deutschen Sozialdemokraten Oskar Lafontaine – offensichtlich auch im Zusammenhang mit den EU-Wahlen – bis zum Verschränkungsforum “Wie radikal soll unsere Bewegung sein?”, auf dem sich traditionelle und radikale Standpunkte trotz ihrer Gegensätzlichkeit produktiv auf einander beziehen ließen.

Eine der am stärksten besuchten Veranstaltung forderte das Sozial Forum auf, die Auseinandersetzung mit dem Antisemitismus offensiver zu führen, unter anderem auch um dem Vorwurf, die Bewegung ignoriere antisemitische Tendenzen am Rande der “Globalisierungskritik”, entgegen zu treten.

Dass das Zusammentreffen und das Zusammenbinden unterschiedlicher Kulturen des Widerstandes gegen den Neoliberalismus ein schwieriger politischer Prozess ist, verdeutlichte die Erklärung, die das feministische Forum in das abschließende Plenum der sozialen Bewegungen einbrachte: Viel zuwenig bedacht würden laut dieser Erklärung die Wirkungen kapitalistischer und patriarchaler Herrschaftsstrukturen auf die Akteure des sozialen Widerstandes selbst. Auch das Sozial Forum sei kein von Rassismus und Sexismus freier Raum. Es muss noch viel “feministischer, migrantischer, transparenter und solidarischer” werden, um dem Anspruch, an einer möglichen anderen Welt mitzubauen, gerecht werden zu können.

Veränderung der Umstände und Selbstveränderung derjenigen Menschen, die daran arbeiten, stellten ein und denselben Prozess dar.

Kontrovers und gleichzeitig in Bewegung ist die Sicht auf die Aufgaben des Sozial Forum selbst. Die Extrempunkte dieser Debatte werden durch zwei Sichtweisen gebildet: einerseits wird das Sozial Forum als eine Veranstaltung verstanden, die ausschließlich der inhaltlichen Auseinandersetzung, der Annäherung und dem Austausch zwischen den verschiedenen Teilen der Zivilgesellschaft dienen kann; andererseits wird verlangt, dass das Sozial Forum selbst politisch handlungsfähig werden soll, das heißt Aktionen und Kampagnen entwickelt, und damit öffentlich wirksam wird. Bislang wird dieser Widerspruch in den Ansprüchen so bearbeitet, dass gleichsam am Rand des Sozial Forums das Plenum der sozialen Bewegungen der Entwicklung von Aktionen gewidmet ist. Dementsprechend ist ein Ergebnis des Linzer Sozial Forums ein Aktionskalender, der in den verschiedenen Veranstaltungen entwickelt und abschließend zusammengefasst wurde. Die meisten Anwesenden unterstützten den Appell für eine gemeinsame Demonstration am 26. September gegen die fortdauernde Besetzung des Irak und die Unterdrückung der PalästinenserInnen in den besetzten Gebieten.

Die wichtigste Einigung des Plenums der sozialen Bewegungen am 6. Juni bestand darin, im nächsten Jahr das dritte Sozial Forum durchzuführen. Die Vorbereitungen dazu beginnen im Herbst.

Ein Kommentar von Walter Baier

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