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Kein Ende der Debatte über die Naziära

  • Sonntag, 8. Mai 2005 @ 18:15
Antifa von Leo Furtlehner

Vor 60 Jahren, wenige Tage vor dem Ende des zweiten Weltkrieges und der Befreiung vom Faschismus, zu einer Zeit als der Osten Österreichs schon seit einigen Wochen von der Roten Armee befreit war, wurden am 28. April 1945 hier im KZ Mauthausen 42 Antifaschisten bei der letzten hier stattgefundenen Vergasung ermordet. Zwei Aussagen bleiben uns in diesem Zusammenhang in Erinnerung.

Die erste Aussage stammt von Sepp Teufl, dem Landesobmann der KPÖ, der als einer der 42 hier ermordet wurde. Er schrieb in seinem letzten Brief am 30. März 1945 aus dem KZ an seine Familie „Meine Rechnung geht jetzt bis zum ersten Mai“. Der Kommunist Sepp Teufl brachte damit seinen historischen Optimismus und seine Hoffnung auf das baldige Ende der faschistischen Schreckensherrschaft zum Ausdruck. Wie wir wissen, ging seine Hoffnung nicht in Erfüllung, er wurde so wie viele tausende andere auch ein Opfer der Naziherrschaft.

Die zweite Aussage stammt vom Nazi-Gauleiter Eigruber, einem der treuesten Vasallen Hitlers, der den ausdrücklichen Befehl zur Ermordung der 42 Antifaschisten gab und dies unter anderem damit begründete, die anrückenden Alliierten dürften „keine aufbauwilligen Kräfte“ vorfinden. Eigruber brachte damit die Angst der Nazis vor Menschen wie Sepp Teufl zum Ausdruck. Sein Mordbefehl macht auch den großen personellen Aderlass deutlich, von dem gerade die KPÖ betroffen war, die im Kampf gegen den Faschismus über 2.000 ihrer Mitglieder verlor.

Was hatten Sepp Teufl und seine Mitstreiter getan, das die Nazis so in Rage setzte? Sie hatten keine Bomben gelegt, nicht mit der Waffe gekämpft und auch keine Sabotageakte begangen. Ihr Verbrechen bestand darin, vom Naziregime verfolgte WiderstandskämpferInnen zu verstecken, den Angehörigen inhaftierter oder ermordeter AntifaschistInnen zu helfen, Gelder für Unterstützungsaktionen zu sammeln, Flugblätter zu verbreiten, in denen die Hoffnung und Gewissheit auf das baldige Ende der Naziherrschaft und das Wiedererstehen eines unabhängigen Österreich zum Ausdruck gebracht wurde. Es war ihr widerständiger Geist, ihre hartnäckige Weigerung sich dem Diktat des Faschismus zu unterwerfen, der die Naziführer in solche Wut versetzte, dass sie mit dem Mordbefehl reagierten.

Wenn wir uns heute vor dieser im Jahre 2001 auf Initiative des KZ-Verbandes und der KPÖ-Oberösterreich errichteten Gedenktafel an der Klagemauer versammeln, gedenken wir der 42 damit gewürdigten Antifaschisten stellvertretend nicht nur für die KommunistInnen, sondern für alle die im Widerstand gegen den Faschismus als extremste Form der Herrschaft des Kapitals ihr Leben riskiert oder verloren haben.

Während im März 1938 und in den Jahren danach hunderttausende ÖsterreicherInnen aus voller Brust „Heil Hitler“ geschrieen haben und in die Verbrechen des Nazifaschismus verstrickt waren, haben sich Teufl und seine Genossen bewusst gegen diesen Terror gestellt. Sie haben damit den Auftrag des „Moskauer Memorandums“ der Alliierten von 1943 nach einem „eigenen Beitrag“ als Voraussetzung für die Befreiung Österreichs geleistet. Sie haben fernab von falsch verstandenem Heldenpathos das getan, was für sie selbstverständlich war „wir können nicht warten, bis uns andere befreien, wir müssen selbst etwas dazu beitragen“.

Umso mehr kann es kein Ende der Debatte über die Naziära geben: Es kann und darf nicht akzeptiert werden, dass sich nach 1945 die Täter als Opfer deklariert haben und im Zuge der Restauration wieder in Amt und Würden gelangt sind. Es kann nicht akzeptiert werden, den Mantel des Schweigens über die Mitverantwortung zigtausender ÖsterreicherInnen an den Verbrechen des Nazifaschismus zu breiten. Es darf nicht akzeptiert werden, dass die WiderstandskämpferInnen vom politischen Establishment schon bald nach 1945 entgegen dem antifaschistischen Grundauftrag aus dem politischen Leben verdrängt und dass die wirklichen Opfer jahrzehntelang auf Anerkennung und Entschädigung warten mussten.

In diesem Sinne ehren wir mit der heutigen Kundgebung den antifaschistischen Widerstand und bekräftigen einmal mehr: Ehre ihrem Andenken! Nie wieder Faschismus, nie wieder Krieg! Wehret den Anfängen!

Ansprache von Leo Furtlehner, KPÖ-Landessekretär Oberösterreich bei der Kundgebung bei der Gedenktafel für die 42 Antifaschisten an der Klagemauer im KZ Mauthausen am 8. Mai 2005

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