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Positionspapier Gewerkschaftspolitik

  • Samstag, 29. April 2006 @ 15:19
Arbeit Es rettet uns kein höheres Wesen: Die Erneuerung des ÖGB braucht alle aktiven Gewerkschaftsmitglieder!

Der BAWAG-Skandal hat schlagartig die tiefe Krise des ÖGB deutlich gemacht. Der Missbrauch von Gewerkschaftsvermögen und des Streikfonds als Sicherstellung zur Sanierung der BAWAG nach Milliardenverlusten durch riskante Kapitalspekulationen ist Symptom für die Fehlentwicklungen des ÖGB. Die Kritik der Gewerkschaften am „Casino-Kapitalismus“ wurde durch die Praxis der eigenen Bank unglaubwürdig. Es ist jedoch zu befürchten, dass durch die Verweigerung einer Kursänderung und grundsätzlichen Reform durch die ÖGB-Spitze die wirkliche Krise der Gewerkschaften noch bevorsteht. Dafür sprechen die Absage des ao Bundeskongresses und die Bestellung von Präsident Hundstorfer bis 2007.

Aufgabe des ÖGB ist es eine wirksame Interessenvertretung zu sein und nicht ein Wirtschaftsunternehmen oder eine Immobilienverwaltung. Auf das Desaster mit der BAWAG reagierte die Führung nicht etwa mit einer an den Interessen der Mitglieder orientierten Führung, sondern mit dem Verkauf der Gewerkschaftsbank. Panikreaktionen auf Zuruf der SPÖ oder unter dem Druck der Medien kommen jedoch den Vorstößen von Regierung und Kapital zur Schwächung der Gewerkschaften entgegen.

Dem Streikfonds kommt eine Schlüsselrolle für die Gewerkschaftspolitik zu, allerdings nur dann, wenn dieser auch politisch zur Durchsetzung von Interessen genutzt wird. Wird das Vermögen des ÖGB hingegen für fragwürdige Geschäfte wie etwa als Sicherstellung zur Rettung der BAWAG verwendet, dann ist das absolut kontraproduktiv. Der ÖGB kann durchaus Unternehmen und auch eine Bank besitzen. Allerdings wird er anders damit umgehen müssen als irgendein beliebiger privater Eigentümer. Nicht ein Maximum an Profiterzielung, sondern Vorteile für die Gewerkschaftsmitglieder, für Lohnabhängige und Erwerbslose und die Sicherung der Unabhängigkeit und Kampfkraft der Gewerkschaften, müssen der Maßstab sein.

Gewerkschaften grundlegend verändert

Die Situation der Lohnabhängigen und damit auch der Gewerkschaften als ihrer ureigenste Interessenvertretung hat sich mit Beginn der 90er Jahre durch den Wegfall des Realsozialismus als Systemkonkurrenz und die Durchsetzung eines immer ungehemmteren neoliberalen „Kapitalismus pur“ grundlegend verändert.

In der Phase des fordistischen Kapitalismus waren bis in die 80er Jahre bestimmte ökonomische, soziale und politische Fortschritte für die Lohnabhängigen möglich. Dies stützte sich in Österreich auf ein zumindest zeitweilig keynesianisches Modell eines als „soziale Marktwirtschaft“ dargestellten Kapitalismus. Als Reaktion auf den Oktoberstreik 1950, der größten Klassenauseinandersetzung der 2. Republik, entstand die jahrzehntelang praktizierte Politik einer institutionalisierten Sozialpartnerschaft mit einer „Konsenspolitik“ zwischen ÖGB und AK einerseits und WKÖ und VÖI andererseits.

Die Sozialpartnerschaft ist Geschichte, die bevormundende Stellvertreterpolitik gutbezahlter Gewerkschaftsfunktionäre hat ihre Schuldigkeit getan, die Gewerkschaftsmitglieder sind aufgerufen, ihre Interessensvertretung in die eigenen Hände zu nehmen. Demokratisierung der Gewerkschaften, Stärkung der Mitwirkungsrechte von Mitgliedern und Minderheitsfraktionen, ein starker koordinierender und international agierender ÖGB, die Unabhängigkeit der Gewerkschaftsbewegung von Regierung und Parteien sind das Gebot der Stunde. Es geht um die kämpferische Neuorientierung des ÖGB und seiner Gewerkschaften.

Interessenvertretung oder Ordnungsfaktor?

Aus der sozialpartnerschaftlichen Praxis entwickelte sich ein Filz von demokratisch nicht legitimierten Institutionen und Gremien, die unter Beteiligung der jeweiligen Regierung für die Lohn- und Preispolitik und das Sozialsystem die Rahmenbedingungen vorgegeben und damit Gesetzgebung und KV-Verhandlungen präjudiziert hat. Damit haben sich die Gewerkschaften nicht nur selbst die Hände gebunden, sondern sie wandelten sich von einer Interessensvertretung zu einem Ordnungsfaktor im politischen System.

Nicht zuletzt war dieses System und die traditionelle Einbindung von SpitzengewerkschafterInnen in Parlament (und zeitweise auch Regierung) auch der Hintergrund für jene Privilegierung, die auf allen Ebenen dieser Sozialpartnerschaft durch Mehrfachbezüge und politische Mandate entstanden ist. Die Unvereinbarkeit von gewerkschaftlichen Spitzenfunktionen und politischen Mandaten in gesetzgebenden Körperschaften wird immer deutlicher, weil sich die Unterordnung unter die Fraktionsdisziplin in Parlamenten gegen die Interessen der Gewerkschaftsmitglieder richtet.

Mit ihrer sozialpartnerschaftlichen Zustimmung zum EU-Beitritt, dem ”Sparpaket” zur Maastricht-Sanierung, zur Einführung des Euro, zur Flexibilisierung der Arbeitszeit und der ”Pensionsreform” hat der ÖGB das Vertrauen der Lohnabhängigen in ihre Interessensvertretung weiter untergraben.

Die Praxis, Kompromisse am „grünen Tisch“ bei gleichzeitigem Stillhalten der Lohnabhängigen auszuhandeln, hat durch Deregulierung, Privatisierung, Ausscheren der Interessenverbände des Kapitals und Zurückdrängung sozialstaatlicher Funktionen durch die schwarzblaue Regierung wesentliche Voraussetzungen eingebüßt.

Nicht unterschätzt werden darf dabei die weltweite Hegemonie des neoliberalen Denkens. Diese hat mit der Losung „Privat ist besser als Staat“ den geistigen Boden und die politische Akzeptanz für eine umfassende Privatisierung öffentlicher Bereiche geschaffen. Darüber hinaus aber führte sie auch zu Entsolidarisierung, Konkurrenz- und Leistungsdenken und die Akzeptanz einer Politik angeblicher Sachzwänge.

Richtungsentscheidung steht an

Die Versuche der ÖGB-Führung die Sozialpartnerschaft um jeden Preis aufrechtzuerhalten oder sie gar EU-weit als Modell zu verankern sind ohne Perspektive. Für eine solche Politik fehlen früher vorhandene ökonomische und politische Grundlagen. Die Unternehmerseite macht immer mehr deutlich, dass Sozialpartnerschaft und sozialstaatliche Regulierung zur Sicherung von Profiten und politischer Hegemonie des Kapitals nicht mehr erforderlich ist.

Die Gewerkschaften stehen daher vor der Entscheidung zwischen „sozialpartnerschaftlicher“ Nostalgie und kämpferischer Neuorientierung. Diese dringliche Neuorientierung kommt nicht von selbst, mehrere Faktoren erschweren sie:
- Der Wandel von einer Schutz- und Kampforganisationen zu „Ordnungsfaktoren“ des kapitalistischen Systems in den Jahrzehnten sozialpartnerschaftlicher Praxis.
- Der Wandel bzw. die Integration von GewerkschaftsführerInnen in Teile der Systemeliten.
- Das Agieren von Gewerkschaften für die „Standortpolitik“ des Kapitals als „gesellschaftliches Gesamtinteresse“ im Rahmen des Kapitalismus.
- Die Leugnung der trotz tief greifender Veränderungen in der Struktur von Kapital und Lohnarbeit weiter bestehender Klassengegensätze.

Veränderung der ArbeiterInnenklasse

Eine Ursache der Krise der Gewerkschaften ist der Rückgang an Mitgliedern und damit auch der Verlust an Beiträgen. Nach wie vor orientiert die Gewerkschaftspolitik am fordistischen Modell. Der so genannte „Normalarbeiter“, also Beschäftigte in organisierten Großbetrieben die vergleichsweise gut verdienen und besser gesicherte Arbeitsplätze als andere Branchen haben, ist aber immer weniger typisch für die heutige ArbeiterInnenklasse. Diese wird immer stärker von prekarisierten und atypischen Beschäftigungsverhältnissen, von Frauen, Erwerbslosen, MigrantInnen, bestimmt. Eben diese Gruppen werden jedoch von der offiziellen Gewerkschaftspolitik weitgehend immer noch als zweitrangig betrachtet.

Anstatt durch bewusste Solidarität in einer immer stärker differenzierten ArbeiterInnenklasse als Grundlage einer neuen Gewerkschaftspolitik zu verwenden, dominieren immer noch die Gegensätze. Fremdenfeindlichkeit und „Sozialschmarotzer“-Denken sind auch in Gewerkschaftskreisen vielfach vorhanden. Die durchaus richtigen Erkenntnisse an der Basis und auch im Mittelbau des ÖGB werden von den politisch entscheidenden Spitzen faulen Kompromissen mit den Unternehmern und parteitaktischen Überlegungen der SPÖ geopfert.

Stellvertreterpolitik blockiert

Eine Folge der sozialpartnerschaftlichen Orientierung der Gewerkschaften und der Institutionalisierung der Sozialpartnerschaft als vor- und nebenparlamentarischer Herrschaftsmechanismus war eine Zementierung der in der ArbeiterInnenbewegung ohnehin immer stark dominierenden Stellvertreterpolitik und eine massive Entdemokratisierung sowie Entpolitisierung. Die Aufrechnung Job, Wohnung, Beförderung mit der Gegenleistung von Wählerstimmen für die SPÖ, politischem Wohlverhalten und Verzicht auf Streiks und Klassenkämpfe hat die Lohnabhängigen kampfentwöhnt.

Der Maßstab jeder Gewerkschaftspolitik sind die Mitglieder, auch wenn davon derzeit wenig zu merken ist. Die jahrzehntelang geübte Selbstermächtigung der FunktionärInnen der jeweiligen Mehrheitsfraktion, welche eine jahrzehntelange Praxis von Stellvertreterpolitik verinnerlicht haben, hat andere Maßstäbe gesetzt. Charakteristisch dafür ist ein unüberschaubares Dickicht von Gremien in dem sich diese MultifunktionärInnen vielfach den tagtäglichen Problemen und Sorgen der Mitglieder in Betrieben und Dienststellen entfremdet haben. Vielen Frauen ist diese abgehobene, männerbündisch anmutende Gremialpolitik eine wenig erstrebenswerte Zusatzbelastung. Das gilt auch für die Frauengremien, die keinerlei wirksame Kompetenzen haben. Bewegung im Sinne einer „Gewerkschaft von unten“ gibt sich erst in Ansätzen. Die Zusammenarbeit mit sozialen Bewegungen ist ebenso unterentwickelt. Bei der Einbeziehung der Mitglieder ist auch auf die Rolle der vielfach als Vorbild dargestellten Interessengemeinschaften in der GPA zu verweisen, die durch ihre mittlerweile tausenden Mitglieder zunehmend wichtiger werden.

Das Ergebnis der ÖGB–Urabstimmung vom Herbst 2001 war ein wichtiger Gradmesser für die Bereitschaft der Mitglieder zur Teilnahme an gewerkschaftlichen Aktionen, hatte aber keinen Übergang des ÖGB zu einer kämpferischeren Politik zur Folge. Darüber können auch die Protestaktionen des Jahres 2003 nicht hinwegtäuschen, die zwar die Kampfbereitschaft vieler Menschen, aber auch deren Gängelung und Abwiegelung durch ÖGB- und SPÖ-Bürokratie gezeigt haben. Die durch die Proteste des Jahres 2003 gestärkten Spitzenfunktionäre des ÖGB reagierten mit einer verstärkten Rückwendung zur Sozialpartnerschaft, wie das ÖGB-Pensionskonzept oder der gemeinsame Aufruf mit der Wirtschaftskammer zur Europaparlamentswahl 2004 beweisen.

Eine andere Gewerkschaftspolitik ist notwendig

Mit den ökonomischen Veränderungen hat sich auch die Basis für die Gewerkschaften gewandelt. Durch die Privatisierung der Verstaatlichten, Gemeinwirtschaft, kommunaler und anderer öffentlicher Sektoren ging deren sozialpolitische Vorreiterrolle und damit auch der Einfluss der Gewerkschaften zurück. Die Umschichtung von vollwertigen Dauerarbeitsplätzen zu prekarisierten Arbeitsverhältnissen hat die Position der Beschäftigten und der Gewerkschaften massiv geschwächt.

Im Zuge neoliberalen Denkens hat sich allerdings auch das Selbstverständnis des ÖGB gewandelt. Die Gewerkschaften sehen sich zunehmend als betriebswirtschaftlich geführte Service-Unternehmen, die ihre Mitglieder als beitragszahlende Kunden behandeln. Die Hauptursache des Vertrauensverlustes der Lohnabhängigen in ihre Interessensvertretung liegt in der Politik des ÖGB, also in den Inhalten und nicht wie manche führende Funktionäre weismachen wollen nur in der Organisationsstruktur oder Selbstdarstellung.

Notwendige Strukturreformen

Angesichts der zunehmenden Gleichstellung von ArbeiterInnen und Angestellten und den Veränderungen in der Wirtschaft drängt sich eine Organisationsreform nach dem Prinzip „Ein Betrieb, eine Gewerkschaft“ mit starken Branchengewerkschaften für die Bereiche Industrie & Produktion, Dienstleistungen & Handel, Verkehr & Transport sowie Öffentlicher Dienst auf. Dies und nicht willkürliche fusionierte Gewerkschaften als Folge parteitaktische Überlegungen der SPÖ werden für die Zukunft schlagkräftiger nach den wichtigsten Branchen organisierten Betrieben maßgeblich sein.

Die Bestrebungen zur Fusionierung von Gewerkschaften sind vorrangig Machtkämpfen in der SPÖ geschuldet und erweisen sich immer mehr als Gerangel um Posten und Funktionen. Die Antwort auf die kapitalistische Globalisierung ist aber sicher nicht die Bildung nationaler Multibranchengewerkschaften, sondern muss vielmehr die Schaffung multinationaler Branchengewerkschaften entlang der Produktionslinie sein, wie sie etwa bei den HafenarbeiterInnen erreicht wurde.

ÖGB braucht Demokratisierung

Die wichtigste Voraussetzung dafür, den Lähmungszustand der Gewerkschaften zu überwinden und aktionsfähig zu werden, bildet die Öffnung für die unterschiedlichen Gruppen von Lohnabhängigen, ein zeitgemäßes Verständnis der ArbeiterInnenklasse und eine radikale Demokratisierung. Die Mitglieder müssen in alle wesentlichen Entscheidungen eingebunden werden. Dazu sind Urabstimmungen zu allen KV-Abschlüssen und anderen wichtigen Entscheidungen ebenso notwendig wie Urwahlen gewerkschaftlicher Gremien durch alle Mitglieder in allen Gewerkschaften statt Besetzung derselben nach Wahlergebnissen bei Betriebsratswahlen.

Weiters ist eine Öffnung der Gewerkschaften gegenüber den sozialen und demokratischen Bewegungen und Kooperation mit diesen notwendig. Eine Vernetzung und das Zusammenwirken der Gewerkschaften mit diesen sehr unterschiedlichen und spezifischen Bewegungen würde die Klassenanliegen der Lohnabhängigen in ihrer Vielfalt wirksam wahrzunehmen und die vorhandene Kraft verstärken. Allerdings hängt dies auch von der Stärke der Bewegungen ab. Ein maßgeblicher Fehler des ÖGB war die Protestbewegung gegen die schwarzblaue Regierung im Jahre 2000 im Stich gelassen zu haben.

Die KPÖ sieht es als ihre Aufgabe an, gemeinsam mit anderen linken, auf Systemüberwindung orientierenden Kräften, zur Entstehung und Verstärkung von Solidarität und Zusammenhalt beizutragen. Sie kann dabei die Funktion einer Schnittstelle zwischen Gewerkschaften und sozialen Bewegungen einnehmen. Auch in den österreichischen Gewerkschaften „schlummert“ ein beträchtliches Potenzial für die „Veränderung der Welt“. Gelingt es, dieses zum Leben zu erwecken, eröffnen sich neue Perspektiven auf diesem Weg. Eine kämpferische Gewerkschaftspolitik wie sie in Frankreich, Italien, Spanien, Griechenland oder Deutschland gang und gäbe ist, muss auch in Österreich Normalzustand werden.

Starke Gewerkschaften gegen Kapitaloffensive

Die Angriffe auf das System der Sozialversicherung, die Zerschlagung der Selbstverwaltung, das Funktionsverbot für GewerkschafterInnen im Hauptverband, die Privatisierung öffentlichen Eigentums, Repressalien gegen gewählte BetriebsrätInnen oder Verhinderung der Wahl solcher, Zerstörung des Betriebsklimas und gezieltes Mobbing in bisherigen staatlichen Unternehmen usw. stellen den ÖGB vor die Alternative: entweder totale Integration in das neoliberale Herrschaftssystem oder Wandlung der Gewerkschaft in eine kämpferische Interessensvertretung.

Objektiv können die Gewerkschaften die Hauptkraft des Widerstandes gegen die Zerstörung des Sozialstaates und die immer massiveren Angriffe auf elementare Errungenschaften der Lohnabhängigen sein. Sie haben die erforderliche organisatorische Stärke. Was fehlt, ist ein strategisches Konzept einer antikapitalistischen Reformpolitik und die Bereitschaft, der Offensive des Kapitals die organisierte Kraft der Betroffenen entgegenzusetzen, wozu auch die Streikbereitschaft gehört.

Zur Entwicklung der Gewerkschaften zu einer Gegenmacht wird allerdings immer stärker auch die Einbindung von Gewerkschaftspolitik in einen gesellschaftspolitischen Horizont erforderlich. Die Bereitschaft zu grundlegenden gesellschaftlichen Veränderungen wird somit zunehmend zu einem Kriterium der weiteren Entwicklung.

Globalisierung erfordert internationales Handeln

Traditionelle demokratie- und gewerkschaftspolitische Strategien der Linken werden durch die Globalisierung des Arbeitsmarktes, die Deregulierung des nationalen Arbeitsmarktes, durch Umwälzung der Produktionsstrukturen und durch die neue Arbeitswelt sogar in Großbetrieben mit traditionell starkem gewerkschaftlichem Einfluss zurückgedrängt. Die Anforderung an linke Gewerkschaftspolitik besteht darin, den inneren Zusammenhang und die gegenseitigen Abhängigkeiten der verschiedenen Formen der Arbeitswelt sichtbar zu machen und in demokratischem Widerstand zusammenzuführen.

Bereits in der Auseinandersetzung um die Verstaatlichte wurde die Belegschaft der Standorte gezielt gegeneinander ausgespielt um wirksame Solidarität zu verhindern. Ein international agierendes und organisiertes Kapital spielt immer stärker mit Verweis auf den Kostendruck durch Billiglohnländer die Standortkarte aus um die Lohnabhängigen zu Lohnverzicht, Verlängerung der Arbeitszeit, Sozialabbau und andere Verschlechterungen zu nötigen. Wenn sich die Gewerkschaften darauf einlassen sind sie von vornherein auf verlorenem Posten, daran ändern auch irgendwelche Kompromisse oder Standortgarantien nichts.

Notwendig ist mehr denn je, dass die Gewerkschaften international agieren und sich die Lohnabhängigen der verschiedenen Länder nicht gegeneinander ausspielen lassen und auf nationale Strategien zurückziehen. Auch dafür will die KPÖ beitragen.

KPÖ und Gewerkschaft

Die KPÖ ist eine der drei Gründerparteien des überparteilichen, demokratischen und antifaschistisch verfassten ÖGB. Sie hat die Schaffung einer Einheitsgewerkschaft anstelle der früheren Richtungsgewerkschaften als historischen Fortschritt bewertet. Allerdings wurde dieser Fortschritt durch die von der SPÖ-Führung initiierte Fraktionierung des ÖGB bald und weitgehend zurückgenommen.

FunktionärInnen der den ÖGB und die dominierende Mehrheitsfraktion FSG, in der Gewerkschaft öffentlicher Dienst sind es FunktionärInnen der FCG haben die jahrzehntelange Unterordnung der Gewerkschaftspolitik unter Parteiinteressen zu verantworten. Gewerkschaftsaustritte sind angesichts des mit dem BAWAG-Desaster unübersehbar gewordenen Zustandes des ÖGB.

Andererseits wären unter den gegebenen Umständen die Möglichkeiten der oppositionellen Kräfte im ÖGB ohne fraktionelle Organisierung noch schlechter.

Die KPÖ appelliert an alle Mitglieder und SympathisantInnen der Partei im Sinne einer kritischen und aktiven Gewerkschaftspolitik tätig zu sein und sich aktiv im Rahmen der Fraktion Gewerkschaftlicher Linksblock im ÖGB (GLB) zu betätigen. Wir betrachten den GLB nicht als Parteifraktion, sondern als breiten Zusammenschluss linker, oppositioneller Gewerkschaftsmitglieder die für eine andere, kämpferische Gewerkschaftspolitik eintreten. KommunistInnen wirken dabei gemeinsam und solidarisch mit Parteilosen, linken Sozialisten oder Mitgliedern anderer Parteien die sich im GLB betätigen wollen. In Bereichen, in denen der Linksblock nicht vertreten ist, aber die fortschrittlichen, ebenfalls parteiunabhängigen Fraktion der Unabhängigen Gewerkschafterinnen (UG) ist die Mitarbeit in dieser oppositionellen Gruppierung sinnvoll.

Forderungen der KPÖ

Als konkrete Inhalte einer solchen Gewerkschaftspolitik in Hinblick auf einen Neubeginn des ÖGB tritt die KPÖ für folgende Forderungen ein:
- Maßstab der Gewerkschaft müssen die Mitglieder und nicht die FunktionärInnen sein, daher Eigeninitiative und Selbstermächtigung der Mitglieder statt Stellvertreterpolitik
- Die KPÖ unterstützt die Bemühungen linker GewerkschafterInnen um die Demokratisierung der Fachgewerkschaften
- Urabstimmungen zu wichtigen Fragen wie Verkauf BAWAG, aber auch KV-Ergebnissen wie etwa in Deutschland üblich
- Wahl der Gewerkschaftsgremien bzw. Delegierten für Konferenzen an der Basis
- Keine SpitzengewerkschafterInnen in gesetzgebenden Körperschaften, da erfahrungsgemäß Fraktionsdisziplin auf Kosten der Gewerkschaften geht
- Grundsätzlich nur ein Bezug für SpitzengewerkschafterInnen
- Organisierung der Gewerkschaften nach dem Prinzip „Ein Betrieb, eine Gewerkschaft“
- Starker ÖGB als Dachverband für Interessenausgleich, Koordinierung, Organisierung gemeinsamer Aktionen, Grundlagenarbeit in Zusammenarbeit mit den AK und Verstärkung der EU-weiten und internationalen Zusammenarbeit von Gewerkschaften und GewerkschafterInnen
- Repräsentanz von Frauen, MigrantInnen und Prekarisierten in Strukturen der Gewerkschaft entsprechend ihrem Anteil in der Mitgliedschaft bzw. Gesellschaft

Bundesvorstand der KPÖ 29. April 2006

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