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1950: Der angebliche Oktober-Putsch

  • Freitag, 25. September 2020 @ 08:00
Geschichte Vor 70 Jahren, am 25. September 1950, nahm in den Steyr-Werken, der Voest und anderen Linzer Betrieben eine breite Streikbewegung ihren Ausgang, die als Oktoberstreik in die österreichische Nachkriegsgeschichte eingegangen ist. Es handelte sich um einen massiven parteiübergreifenden Protest der Arbeiterschaft gegen die mit den Lohn- und Preispakten seit 1947 erfolgende Sanierungspolitik zur kapitalistischen Restauration Österreichs.

Der 4. Lohn- und Preispakt vom September 1950 sah Preiserhöhungen vor, die um ein vielfaches größer waren als die Lohnerhöhungen. Dies machte das Maß voll und führte zum spontanen Streik, an dem sich allein in Oberösterreich rund 60.000 ArbeiterInnen und Angestellte aus rund 120 Betrieben beteiligten.

Dieser Protest gegen kapitalistische Restaurationspolitik auf Kosten der Lohnabhängigen wurde von Anfang an von den Regierenden zu einem "kommunistischen Putsch" umgelogen, obwohl allein die Tatsache dies ad absurdum führte, dass die Streikbewegung im US-amerikanischen Sektor des besetzten Österreich ihren Ausgang nahm. Die sowjetische Besatzungsmacht war hingegen nicht nur vom Streik völlig überrascht, er kam ihr in Hinblick auf eigene wirtschaftliche Interessen in Bezug auf die USIA-Betriebe auch höchst ungelegen.

Obwohl heute kein ernstzunehmender Historiker mehr von einem "Putschversuch" spricht, wird dieser tote Hund von machen Politikern und Medien immer wieder reanimiert. Ein einschneidende Ereignis der Nachkriegsgeschichte wird so mit einer kräftigen Punze Antikommunismus versehen.

Aus heutiger Sicht läßt sich feststellen, daß die unter sozialdemokratischer Führung stehende Gewerkschaft und die Arbeiterkammer bei diesem Streik auf der falschen Seite gestanden waren, weil sie die kämpfende Arbeiterschaft nicht nur im Stich gelassen, sondern den Streik mit allen Mitteln bekämpft hatten. Im Zusammenhang mit der schon 1950 als Ast-Gemeinschaft bestehenden und nach Niederschlagung des Streiks institutionalisierten Sozialpartnerschaft hat die Streikbewegung von 1950 für die Sozialdemokratie eine geradezu traumatische Bedeutung erlangt. Während in Italien, Frankreichen oder Deutschland Streiks zur normalen politischen Kultur gehören und als legitimes Kampfmittel der Arbeiterbewegung selbstverständlich sind, gelten sie in Österreich nach wie vor als verpönt.

Zahlreiche Streiks – wie etwa bei Böhler, Hukla oder Engel in den 70er Jahren – mussten als "wilde Streiks" gegen den erklärten Willen des ÖGB und dessen erbitterten Widerstand geführt werden. Sogar nach der Bildung der blauschwarzen Regierung fürchtet die SPÖ-Mehrheit im ÖGB Streiks wie der Teufel das Weihwasser; verbale Streikdrohungen treten an die Stelle wirklicher Kampfaktionen – so auch im Streikjahr 2003, als die Proteste gegen "Pensionsreform", bei der ÖBB und AUA durch Zusammenwirken von ÖGB-Spitze und Industriellenvereinigung rasch abgedreht wurden.

Auch die KPÖ wurde 1950 von der Wucht des Streiks überrascht. Sie stand jedoch voll und ganz auf der Seite der Streikenden. Durch die demokratiepolitisch gutgemeinte Unterbrechung des Streiks durch eine gesamtösterreichische Betriebsrätekonferenz wurde diesem allerdings die Dynamik genommen und den Gegnern – wie dem späteren ÖGB-Präsidenten Franz Olah mit massiver Hilfe der US-Besatzungsbehörden – die Gelegenheit gegeben, den Streik niederzuschlagen.

Die Maßregelung tausender Streikteilnehmer durch Entlassung und Kündigung auf Betreiben der SPÖ machte den antikommunistischen Charakter deren Politik am Höhepunkt des "Kalten Krieges" deutlich. Das Versagen beim Oktoberstreik 1950 bleibt daher eine historische Schande der Sozialdemokratie. Dass der von der US-Besatzungsmacht ausgehaltene Reaktionär Olah ausgerechnet im "Gedenkjahr" 2005 von der ÖVP-geführten Regierung mit höchsten Ehren ausgezeichnet wurde, macht nicht nur die antikommunistische Stoßrichtung dieser Regierungskampagne deutlich, sondern ist auch Ausdruck einer über Jahrzehnte anhaltenden antikommunistischen Kontinuität.

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