ArbeitnehmerInnen entlasten - Gewinne besteuern!
Bei den letzten so genannten "großen Steuerreformen" haben die Regierungen
mit einem kurzfristig wirksamen Absenken der Steuertarife ArbeiterInnen,
Angestellte und PensionistInnen geblendet. In Wirklichkeit waren die
Steuerreformen äußerst gut durchdachte und nachhaltig wirksame Raubzüge. Die
"brav arbeitenden ÖsterreicherInnen" wurden gewaltig zur Ader gelassen. Eine
gigantische Umverteilung der Steuereinkünfte des Staates zu Lasten der
Lohnsteuerpflichtigen, zu Lasten der Massensteuerleister sind die Folge, da
gleichzeitig mit den Mehrbelastungen auf ArbeitnehmerInnenseite die Vermögen-
und Gewerbesteuer gestrichen und weitere nicht unbeträchtliche Zugeständnisse an
die Kapitalseite gemacht wurden, was vor allem mit dem Eintritt in die EU in
Verbindung stand. Der Gewerkschaftliche Linksblock tritt für eine umfassende
Reform des Steuersystems mit Rückverteilungswirkung ein, die auf folgende
Grundsätze aufzubauen ist:
Fünf Grundsätze einer sozialen Steuerreform :
- Spürbare und nachhaltige Entlastung im Bereich der Lohnsteuer, wobei der
Entlastungseffekt mindestens 30 Milliarden Schilling betragen soll.
- Die Steuerreform muss über Steigerung der kaufkräftigen Nachfrage und
gezielte Förderungsmaßnahmen zu einer Steigerung geregelter, arbeits- und
sozialrechtlich geschützter Beschäftigungsverhältnisse führen.
- Gewinne des großen Kapitals - im besonderen Erträge aus spekulativen
Veranlagungen - müssen bedeutend stärker besteuert und die Steuerhinterziehung
durch Ausbau des Betriebsprüfungssystems unterbunden werden.
- Lohnsteuerentlastung und effektive Kapitalbesteuerung müssen in Summe eine
Steuereinnahmensituation ergeben, die dem Staat und seinen
Gebietskörperschaften ermöglichen, ihren Aufgaben voll nachzukommen und die
öffentliche Investition auszuweiten.
- Mittel- und längerfristig muss das Steuersystem Wirkungen im Sinne eines
ökologischen Wirtschaftens erzielen.
- Der Senkungseffekt bei der Lohnsteuer muss deutlich spürbar und nachhaltig
sein, um zu verhindern, dass Lohnerhöhungen über den Weg der "kalten
Progression" immer wieder weggesteuert werden und Reallohnverluste entstehen.
Im einzelnen fordert der GLB:
- Schluss mit dem Lohnsteuerraub des Finanzministers.
- Nachhaltige Entlastungsmaßnahmen bei den kleinen und mittleren Einkommen
durch Senkung und jährliche Inflationsanpassung der Steuertarifstufen
(steuerliche "Scala mobile").
- Mit dieser Maßnahme könnte erreicht werden, dass der inflationsbedingte
Teil der Lohnerhöhung, der ja nur ein Wiederherstellen des alten Reallohnes
bewirkt, nicht anteilsmäßig höher besteuert wird. Durch die Wirkung der
Steuerprogression (je höher der Lohn, desto höher der Anteil der Steuer)
führen auch Lohnerhöhungen, die mehr schlecht als recht die Inflation
abdecken, zu einer anteilsmäßig höheren Steuerleistung. Damit werden die
kurzfristigen Entlastungseffekte bei Reformen schnell wieder wettgemacht.
Bereits nach eineinhalb bis zwei Jahren kann der Finanzminister erhebliche
Mehreinnahmen verbuchen. Das ist auch der Grund, warum die Lohnsteuerbelastung
prozentuell stieg, während die Einkommen netto/real stagnierten oder sogar
zurückgingen. Hier muss eine Rückführung der Steuerbelastung erfolgen.
- Lohn- und Einkommensteuerfreigrenzen müssen in Freibeträge umgewandelt
werden. Die Frei- und Absetzbeträge müssen wieder angehoben und analog den
Steuertarifstufen jährlich der Inflation angepasst werden. Der
Lohnsteuertarif, der Tarif für jede Lohnsteuergruppe, muss um mindestens 10
Prozent abgesenkt werden. Monatliche Einkommen bis 15.000 Schilling brutto
sind steuerfrei zu stellen, damit auch der Staat ein Interesse an höheren
Mindestlöhnen sowie an generell höheren Einkommen hat.
- Auf das Steuerrecht ist der Vertrauensschutz anzuwenden.
Verschlechterungen, wie der letzte Belastungsschub durch Absenken der Frei-
und Absetzbeträge, dürfen daher nicht per einfacher Parlamentsmehrheit
überfallsartig durchgesetzt werden.
- Rücknahme der höheren Besteuerung des 13. und 14. Monatsbezugs (Urlaubs-
und Weihnachtsgeld) bis zur Höchstbemessungsgrundlage lt. ASVG. Die
steuerliche Begünstigung muss prinzipiell aufrecht bleiben.
- Eine Lohnsteuersenkung bewirkt Steuerausfälle für den Staat, die durch
effizientere Besteuerung der Gewinne und Wiedereinführung der Besteuerung
großer Vermögen hereingebracht werden müssen:
- Kapitalgewinne müssen stärker erfasst werden, wobei kurzfristig
Schlupflöcher gestopft und über verstärkte Betriebsprüfung (Ausbau und
Intensivierung der Betriebsprüfungen durch die Steuerbehörde - abschreckende
Finanzstrafpraxis) die Hinterziehung von Steuern unterbunden werden muss.
- Für den Fall von groben Abgabenhinterziehungen ist ein Zwangsverwalter zu
bestellen, der die weitere ordnungsmäßige Abgabengebarung des Unternehmens
sicherzustellen hat.
- Unternehmen mit beträchtlicher Wertschöpfung im Inland, müssen vor
Abwanderung ins Ausland mit einem Zuschlag zur Körperschaftsteuer belegt
werden, der in etwa das doppelte des durchschnittlichen Steuersatzes der
letzten 10 Jahre ausmachen soll. Damit wäre zumindest ein teilweiser Ausgleich
der in Österreich unentgeltlich genützten öffentlichen bzw.
gemeinwirtschaftlichen Einrichtungen abgegolten.
- Steuerbasis für die Körperschaftsteuer soll in Zukunft die
Berechnungsgrundlage für die Kammerumlage I der Bundeswirtschaftskammer sein.
Hiezu ist erforderlich, die Unternehmungen in drei Steuertarifgruppen, so wie
im Rechnungslegungsgesetz vorgesehen, einzuteilen. Dies würde insgesamt eine
wertschöpfungsmäßige Orientierung bei der Körperschaftsteuer bewirken.
- Der Spitzensteuersatz für Spitzeneinkommen ab 100.000 Schilling monatlich
ist anzuheben.
- Die Vermögensteuer ist wiedereinzuführen - im Unterschied zur früheren
Vermögensteuer ist auf eine stärkere Erfassung von nicht im Betrieb
veranlagten großen Vermögen Bedacht zu nehmen.
- Die Erbschaftsteuer ist zu reformieren mit dem Ziel einer höheren
Besteuerung von spekulativ verwertbaren Vermögensgegenständen und solchen,
welche die Erwerbschancen des Erben erhöhen.
- Die Grundsteuer ist progressiv anzuheben, um Großgrundbesitz anteilsmäßig
höher zu besteuern. Die Überwälzung der Grundsteuer auf die Mieter ist
abzuschaffen, so wie das bis Anfang der achtziger Jahre der Fall war.
Umwidmungsgewinne sind gleichfalls zu besteuern.
- Spekulationsgewinne sind rigoros zu erfassen - im internationalen Kontext
ist auf eine Tobin-Steuer Ziel zu nehmen, im nationalen Rahmen sind Steuern im
Bereich der Währungsspekulation etc. (Derivathandel) einzuheben.
- Kapitalerträge sind grundsätzlich der Einkommensteuer zu unterwerfen. Im
Sinne der Steuergerechtigkeit sind Einkommen aus Kapital und Vermögen
zumindest gleich hoch zu besteuern wie die Einkommen aus Löhnen und Gehältern.
- Die österreichische Energiewirtschaft und deren KonsumentInnen sind durch
steuerliche Maßnahmen wirksam vor billigen Atomstromimporten internationaler
Anbieter zu schützen.
- Investitionen in energiesparende Maßnahmen in Haushalten und
Wirtschafts-betrieben sowie die Anwendung von umweltfreundlichen Technologien
sind stärker zu begünstigen. Ökologisches Wirtschaften bedingt ein
Zusammenspiel verschiedener Maßnahmen und ist daher nicht allein über das
Steuersystem zu fördern.
- Der Effekt der Lohnsteuersenkung von 30 Milliarden Schilling soll durch
höhere Besteuerung von Spekulationskapital und großen Vermögen hereingebracht
werden.
Folgende Maßnahmen werden vom Gewerkschaftlichen Linksblock darüber hinaus
als höchst dringend erachtet:
- Rigorose Eintreibung des einbringbaren Teils der ausstehenden
Steuerschulden im Ausmaß von Dutzenden Milliarden.
- Mittel- und längerfristig: Vereinfachung des Steuersystems und Einführung
einer Informationspflicht der Behörde, so dass ArbeitnehmerInnen ihre
Möglichkeiten nicht über teure Steuerberatung erfahren müssen. Die Finanzämter
sollen überdies verpflichtet werden, eine amtswegige Aufrollung der Lohnsteuer
vorzunehmen.
- Erhöhung des Strafausmaßes bei Finanzvergehen z.B. bei der Verkürzung von
Mehrwertsteuer und Sozialversicherungsbeiträgen. Finanzvergehen dürfen nicht
als Kavaliersdelikte, sondern müssen als Betrug behandelt werden.
Schadensbeträge dürfen nicht über das Massensteueraufkommen ausgeglichen
werden - hierfür ist die gesetzliche Interessensvertretung der
UnternehmerInnen heranzuziehen.
Über die unmittelbaren Fragen des Steuersystems hinaus schlägt der
Gewerkschaftliche Linksblock vor:
- Staatliche Subventionen und Wirtschaftsförderungen unter
Beteiligungsgarantie am geförderten Unternehmen. Gründung einer staatlichen
Beteiligungsgesellschaft, sowie die Zusammenfassung öffentlicher
Wirtschaftsbereiche zu aktionsfähigen Einheiten.
- Die Dienstgeberbeiträge zur Sozialversicherung sollen auf
Wertschöpfungsabgaben umgestellt werden.
- Schwarzunternehmertum (illegale Beschäftigung) ist konsequent zu
bekämpfen.
Der Gewerkschaftliche Linksblock wehrt sich gegen alle Versuche, die
Maßnahmen der Regierung im Familienbereich zum Anlass zu nehmen, um das Ausmaß
der Lohnsteuerbelastung auszuweiten. Bessere Familienleistungen sollen
ausschließlich aus dem Familienlastenausgleichsfonds (FLAF) finanziert werden.
Zur Speisung des FLAF sind die selbständig Erwerbstätigen zu analogen
Beitragsleistungen zu verpflichten, da sie auch die selben Leistungen wie die
Lohnsteuerpflichtigen erhalten.
Eine Beendigung des Lohnsteuer-Raubzuges bedeutet Erhöhung der Kaufkraft und
dadurch Sicherung und Schaffung von Arbeitsplätzen.
- Steuerkonzept des Gewerkschaftlichen Linksblocks (GLB)