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Stellungnahme EU-Beitritt

  • Montag, 7. Februar 2005 @ 18:27
Europa Vor zehn Jahren, am 1. Jänner 1995, wurde Österreich Mitglied der Europäischen Union (EU), nachdem am 12. Juni 1994 bei einer Volksabstimmung 66 Prozent für den EU-Beitritt gestimmt hatten. Dem Beitritt war ausgehend vom Beitrittsansuchen im Jahre 1989 eine jahrelange Debatte vorausgegangen, die insbesondere in der Schlussphase von massiven politischen Erpressungen von Politik, Wirtschaft, Medien, Parteien und Interessensvertretungen bestimmt war. Im Vorfeld des EU-Beitrittes erfolgten auch bereits wesentliche Weichenstellungen dafür. Der hohe Staatsanteil, die Neutralität, die Landwirtschaft und der Transitverkehr waren im Avis der EU zum österreichischen Beitrittsantrag als kritische Punkte explizit genannt worden.

Die aus der 1951 entstandenen Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl (EGKS) hervorgegangene und 1957 von sechs Gründerstaaten als Europäische Gemeinschaft (EG) gebildete EU wurde 1973 auf neun, 1981 auf zehn, 1986 auf zwölf und 1995 auf 15 Mitglieder erweitert und ist mit der Osterweiterung des Jahres 2004 auf 25 Mitgliedsstaaten angewachsen. Rumänien, Bulgarien, Kroatien und die Türkei sind weitere Beitrittsanwärter.

Die entscheidende Entwicklung und Ausformung der heutigen EU erfolgte erst in den Jahren seit dem Zusammenbruch des Realsozialismus. Ausgehend vom Maastricht-Vertrag von 1991, mit der Einführung des Euro in vorerst zwölf EU-Ländern und der geplanten EU-Verfassung wird immer deutlicher sichtbar, dass das Großkapital als die eigentlich bestimmende Kraft im „Europa der Konzerne“ darauf orientiert, die EU zu einer mit den USA gleichwertigen Supermacht zu entwickeln.

Die EU-Mitgliedschaft hat in Österreich ebenso wie in den anderen Mitgliedsländern die soziale Polarisierung im Gefolge der Ablösung des fordistischen Kapitalismus mit Beginn der 70er Jahre durch den neoliberalen Kapitalismus enorm verstärkt. Die Zahl der Arbeitslosen wächst, die Prekarisierung nimmt explosionsartig zu, die Zahl der Menschen an oder unter der Armutsgrenze wächst enorm – gleichzeitig wächst die Zahl der Milliardäre und Millionäre ebenso wie die Dividenden der Aktionäre und die Börsenkurse für die Spekulanten. Die Umverteilung des gesellschaftlichen Reichtums zugunsten des Kapitals geht massiv voran, gleichzeitig wird der Sozialstaat zunehmend für unfinanzierbar erklärt, werden Eigenleistungen und Eigenvorsorge propagiert.

Mit der 2007 in Kraft tretenden EU-Verfassung soll die Militarisierung der EU durch Euro-Armee und Aufrüstungszwang auf Kosten des Sozialstaates, die Hierarchisierung zugunsten der Großmächte Deutschland und Frankreich mit der Möglichkeit eines „Kerneuropa“ auf Kosten der kleineren Mitgliedsländern und die Festschreibung des neoliberalen Wirtschafts- und Gesellschaftsmodells durch die Verankerung des Stabilitätspaktes auf Kosten von sozialen Ansprüchen, Beschäftigung und Infrastruktur festgeschrieben werden. Die Auseinandersetzung mit dieser EU-Verfassung ist daher die wichtigste Aufgabe für alle EU-kritischen Kräfte, die in jedem Land und gleichzeitig international wahrgenommen werden muß. Dabei geht es vor allem darum, eine breite öffentliche Debatte über den Inhalt der Verfassung und eine Volksabstimmung darüber zu erreichen.

Entgegen den hohlen Sprüchen der EU-konformen politischen Parteien ist die EU nach wie vor von einem massiven Demokratiedefizit gekennzeichnet: Das Europaparlament als gewählte Institution hat weder Gesetzes- noch Budgethoheit. Die maßgeblichen Entscheidungen finden im demokratiefreien Raum durch Kommission und Rat statt. Wirtschaftspolitisch wurde die EU durch den Stabilitätspakt auf eine rein monetären Kriterien geschuldete neoliberale Politik festgelegt. Die europäische Zentralbank als Wächter über Euro und Budget ist politischen Einflüssen ausdrücklich entzogen, unterliegt also nur den Einflüsterungen der EU-Konzerne.

Als Kehrseite sind die Kompetenzen für Beschäftigung und Soziales weiterhin in nationaler Kompetenz. Die Realisierung scheitert freilich zunehmend daran, dass mittlerweile rund 80 Prozent aller Kompetenzen von den nationalen Parlamenten nach Brüssel abgegeben wurden und dass durch die monetären Vorgaben für eine nachhaltige Budgetsanierung die Mittel für eine aktive Beschäftigungs- und Sozialpolitik ebenso fehlen wie für eine entsprechende Regional- und Kommunalpolitik.

Die KPÖ hat 1994 den Beitritt zur EU abgelehnt und vertritt auch heute eine EU-kritische Position. Nach zehn Jahren EU-Mitgliedschaft und angesichts der stattgefundenen Entwicklung im Rahmen der kapitalistischen Globalisierung wäre allerdings eine Reduzierung des Kampfes gegen das neoliberale Projekt EU auf die Forderung nach einem Austritt viel zu kurz gegriffen. Vielmehr bedeutet die Möglichkeit eines Austritts aus der EU eine radikale Infragestellung und Kritik der EU dar. Im Gegensatz zu rechten Kräften würde ein Austritt angesichts des globalisierten Kapitalismus an der realen Situation und den Problemen nichts ändern.

Es geht also vor allem um eine Internationalisierung der Auseinandersetzung, um ein stärkeres Zusammenwirken aller kapitalismuskritischen Kräfte um Gegengewicht zur EU-weiten Handlungsfähigkeit des Kapitals als Voraussetzung für gesellschaftiche Veränderungen zu erreichen. Die Gründung der Europäischen Linkspartei im Mai 2004, der mittlerweile 15 linke Parteien angehören, ist ein Teil dieses Kampfes. Die Chance dieses Projekts liegt im Anstoß für eine verstärkte Zusammenarbeit aller linken Parteien.

Es ist notwendigt, eine breite pluralistische Bewegung zu entwickeln, die sich dem Trend zur Militarisierung, Hierarchisierung und dem neoliberalen Charakter der EU in den Weg stellt. Dabei darf nicht das Trennende in den Vordergrund gestellt und damit indirekt zu einer die Politik der herrschenden Eliten begünstigenden Zersplitterung beigetragen werden. Politische Parteien wirken dabei sinnvollerweise mit Gewerkschaften, Sozialforen und anderen Gruppierungen, die aus unterschiedlicher Sicht kritische zur EU stehen, zusammen. Gerade die mit ihrer gewachsenen Größe zunehmende Widersprüchlichkeit der EU bietet zahlreiche Anknüpfungsmöglichkeiten um den Widerstand gegen die neoliberale Politik zu verstärken und im Prozesscharakter damit auch gesellschaftspolitische Alternativen zu entwickeln.

Stellungnahme des KPÖ-Bezirksvorstandes Linz vom 7. Februar 2005

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